Markenlexikon

Cannon Films

Ursprungsland: USA

Das 1967 von Dennis Friedland und Christopher C. Dewey gegründete Unternehmen vertrieb zunächst schwedische Sexploitationfilme und Softpornos wie Joseph W. Sarno's »Inga – Ich habe Lust« (Jag – en oskuld; 1968) oder »Mich will jeder« (Kvinnolek; 1968). Später kamen auch andere Low-Budget-Filme hinzu, u.a. 1970 John G. Avildsen's Überrschungserfolg »Joe« mit Peter Boyle und Susan Sarandon. Nach einigen Flops und den daraus resultierenden finanziellen Schwierigkeiten verkauften die Gründer Cannon Films 1979 an die israelischen Filmproduzenten Menahem Golan (1929 – 2014) und Yoram Globus (* 1941), die gerade mit ihrer Teenager-Komödie »Eis am Stil« (1978) weltweiten Erfolg hatten.

Golan und Globus waren in Israel für ihre billigen und schnell abgedrehten Filme bekannt, die ihnen den Spitznamen Go-Go-Boys einbrachte. Mit Cannon wollten sie nun auch international tätig werden, wobei sie an ihrer Arbeitsweise nicht viel änderten. Cannon finanzierte, produzierte und vertrieb in den 1980er Jahren zahlreiche Actionfilme mit Schauspielern wie Charles Bronson (1982 »Death Wish II – Der Mann ohne Gnade«, 1983 »Ein Mann wie Dynamit«, 1985 »Death Wish III – Der Rächer von New York«, 1986 »Murphys Gesetz«, 1987 »Death Wish IV – Das Weiße im Auge«, 1987 »Der Mordanschlag«, 1988 »Das Gesetz ist der Tod«, 1989 »Kinjite – Tödliches Tabu«), Chuck Norris (1984 »Missing in Action«, 1985 »Missing in Action 2 – Die Rückkehr«, 1985 »Invasion U.S.A.«, 1986 »Feuerwalze«, 1986 »Delta Force«, 1990 »Delta Force 2 – The Columbian Connection«, 1988 »Hero«, 1988 »Braddock – Missing in Action«, 1991 »Chuck Norris – Hitman«, 1993 »Walker, Texas Ranger«, 1994 »Hellbound«), David Bradley (1989 »American Fighter 3 – Die blutige Jagd«, 1990 »American Fighter 4 – Die Vernichtung«, 1992 »American Samurai«, 1993 »American Fighter 5«), Jean Claude van Damme (1988 »Bloodsport, 1989 »Cyborg«), Michael Dudikoff (1985 »American Fighter«, 1987 »American Fighter II – Der Auftrag«, 1990 »American Fighter 4 – Die Vernichtung«, 1986 »Night Hunter«, 1988 »Platoon Leader – Der Krieg kennt keine Helden«, 1989 »River of Death – Fluss des Grauens«, 1990 »Midnight Ride – Die Jagd auf den Highwaykiller«, 1992 »Marine Fighter«, 1992 »Street Hunter – Eine gnadenlose Jagd«), Sho Kosugi (1981 »Ninja, die Killer-Maschine«, 1983 »Die Rückkehr der Ninja«, 1984 »Die Herrschaft der Ninja«) und Sylvester Stallone (1987 »Over The Top«, 1986 »Die City-Cobra«).

Daneben brachte Cannon auch einige Filme in die Kinos, die über das reine Action-Genre hinausgingen: u.a. »Lady Chatterleys Liebhaber« (1981), »Hercules« (1983), »Runaway Train – Express in die Hölle« (1985), »Mata Hari« (1985), »Quatermain – Auf der Suche nach dem Schatz der Könige« (1985), »Lifeforce – Die tödliche Bedrohung« (1985), »Fool for Love« (1985), »Texas Chainsaw Massacre 2« (1986), »Otello« (1987), »Barfly« (1987), »Love Streams« (1987), »Quatermain II – Auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt« (1987), »Masters of the Universe« (1987), »Ein Schrei in der Dunkelheit« (1987), »Die Barbaren« (1987), »Superman IV – Die Welt am Abgrund« (1987) und »Powaqqatsi« (1988). Vertrieben wurden die Cannon-Filme zeitweise auch von MGM/UA, Warner Bros. und UGC.

Mitte der 1980er Jahre begann Cannon damit, Kinos in Europa (Großbritannien, Niederlande, Italien) und den USA aufzukaufen. Außerdem erwarb man 1986 das Filmgeschäft des britischen Musikkonzerns Thorn-EMI (Thorn EMI Screen Entertainment, Thorn EMI Video). Die Übernahmen und der Misserfolg des teuren Science-Fiction-Films »Superman IV – Die Welt am Abgrund« brachte die Cannon Group jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, die 1988 zur Übernahme durch das französischen Filmunternehmen Pathé führten, das sich anschließend in Pathé Communications Corporation umbenannte.

Hinter Pathé stand der französische Investor Max Theret sowie die beiden zwielichtigen Italiener Giancarlo Parretti und Florio Fiorini. Parretti, ein früherer Kellner, Schiffskoch, Hotelbesitzer, Zeitungsgründer und Finanzier war schon mehrfach wegen betrügerischen Bankrotts verurteilt worden. Paretti versuchte die Cannon-Kinokette (rund neunhundert Kinos in Europa und den USA) mit der von Pathé zusammenzuschließen. Die französische Regierung verhinderte das jedoch. Golan verließ Cannon 1989, während Globus blieb. Pathé kaufte 1990 auch Metro-Goldwyn-Mayer/United Artists. Das Geld für die Übernahme stellte die niederländische Tochtergesellschaft der staatlichen französischen Bank Crédit Lyonnais (CL) zur Verfügung. Der Schuldenberg der neuen MGM-Pathé Communications Company, zu der nun auch Cannon Pictures gehörte, wuchs jedoch schnell ins Unermessliche und bald kamen auch noch Gerüchte über Geldwäsche und Mafia-Verbindungen auf. Parretti selbst wurde mehrmals verhaftet und vor Gericht gestellt. Schließlich zog die CL-Bank 1991 die Notbremse, schmiss Parretti raus und übernahm MGM-Pathé 1992 selbst. CL veräußerte Pathé, MGM/UA und die Cannon-Kinos in den nächsten Jahren an verschiedene Käufer. 1994 brachte Cannon Pictures den letzten Film heraus (»Hellbound«).

Text: Toralf Czartowski