Markenlexikon
Eine Methode wie man Wasser enthärtet, nämlich der sogenannte Ionenaustausch, also der Austausch von Calcium-Ionen (Ca2+) und Magnesium-Ionen (Mg2+) gegen Natrium-Ionen (Na+), wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals wissenschaftlich beschrieben. In Grundzügen war dieses Verfahren schon sehr viel länger bekannt, ohne allerdings, dass man die chemischen Zusammenhänge kannte. In der Bibel heißt es im 2. Buch Mose Kapitel 15: »Mose ließ die Kinder Israel ziehen vom Schilfmeer hinaus zur Wüste Sur. Und sie wanderten drei Tage in der Wüste, dass sie kein Wasser fanden. Da kamen sie gen Mara; aber sie konnten das Wasser nicht trinken, denn es war sehr bitter. Da murrte das Volk wider Mose und sprach: Was sollen wir trinken? Er schrie zu dem Herrn, und der Herr wies ihm einen Baum; den tat er ins Wasser, da ward es süß«. Das ist vielleicht der älteste Hinweis auf den Ionenaustausch (faulendes Holz bzw. Cellulose ist ein guter Austauscher für Magnesium-Ionen). Für kleinere technisch Geräte wie Boiler oder Waschmaschinen (das erste Patent auf eine elektrische Waschmaschine erhielt der amerikanische Ingenieur Alva John Fisher 1910) war dieses Verfahren damals jedoch noch nicht geeignet. Aber gerade Kesseln, Heizstäben oder Rohrleitungen, die ständig mit Wasser in Berührung kommen, machen die Erdalkalisalze Calcium- und Magnesiumcarbonat mit der Zeit schwer zu schaffen. Kalkablagerungen verstopfen die Leitungen, verkalkte Heizstäbe können das Wasser nicht mehr richtig aufheizen und in der Wäsche setzt sich der Kalk ebenfalls fest, was dazu führt, dass die Fasern hart, brüchig und grau werden.
Der amerikanische Chemiker Dr. Ralph E. Hall entwickelte daher 1929 eine Substanz (Natriumhexametaphosphat), die starke Wechselwirkungen mit den Erdalkali-Kationen eingeht, sodass sie nicht mehr für störende Reaktionen zur Verfügung stehen. Das Wasser zeigt dadurch das Verhalten von weichem Wasser. Die Hagan Corporation aus Pittsburgh, eine 1918 gegründete Firma, die Kontrollsysteme für Industrieboiler entwickelte, brachte Natriumhexametaphosphat 1933 unter dem Handelsnamen Calgon (CALcium + GONe) auf den Markt. Einer Legende zufolge soll der Name Calgon auf Halls Ausruf »I want this calc to be gone« zurückgehen. Zunächst wurde Calgon vor allem an Textilunternehmen und Wäschereien verkauft. Für den deutschen Markt erwarb die Chemiefirma Joh A. Benckiser aus Ludwigshafen eine Herstellungslizenz; in Deutschland kam Calgon 1935 auf den Markt. Als sich in den 1950er Jahren immer mehr Privathaushalte Waschmaschinen und Geschirrspüler anschafften, brachte Benckiser Calgon (1956) und Calgonit (1964) in den Einzelhandel. Das inzwischen in Calgon Corporation umbenannte US-Unternehmen wurde 1968 von dem Pharmakonzern Merck & Co. übernommen und 1985 als Calgon Carbon Corporation an das Management verkauft.
Die Calgon-Körperflegesparte (ab 1946 gab es in den USA auch ein Calgon-Schaumbad zu kaufen) erwarb 1977 Beecham aus Großbritannien, 1990 Benckiser, 1996 die Benckiser-Tochter Coty, 2007 Ascendia Brands und 2009 Ilex Consumer Products; Ilex vertreibt unter der Marke Calgon Deodorant, Parfumspray, Duschbad, Schaumbad und Body Lotion. Die Calgon-Markenrechte in Kontinentaleuropa gehören heute dem Reckitt-Benckiser-Konzern (die britische Firma Reckitt & Colman – bekannt durch Produkte wie Airwick, Hoffmann's, Kukident und Sagrotan – und Benckiser hatten sich 1999 zusammengeschlossen).
Darüber, ob und wann man Calgon (oder ähnliche Wasserenthärter) verwenden sollte, gibt es geteilte Meinungen. Bei niedrigen Waschtemperaturen sind moderne Waschmaschinen weitgehend resistent gegen Kalk, was daran liegt, dass die meisten Waschmittel schon Enthärter enthalten. Problematisch sind eher die Waschmittelrückstände bei dauerhafter Überdosierung. Bei hohen Waschtemperaturen und gleichzeitig sehr hartem Wasser, oder bei der Anwendung von biologischen Waschmitteln, die keine Enthärter enthalten, empfiehlt sich der Einsatz eines Wasserenthärters durchaus. Heute besteht Calgon aus Polycarboxylaten.
Text: Toralf Czartowski