Markenlexikon
Sotirios Voulgaris (1875 – 1932) entstammte einer alten Familie von Silberschmieden aus der Stadt Paramythia, dem Zentrum des griechischen Silber- und Goldschmiede-Handwerks. Hier arbeitete er einige Zeit als Juwelier. Seine einstige Werkstatt kann man dort noch heute besichtigen. 1877 verließ er seine Heimatstadt. Über Korfu und Neapel kam er 1881 nach Rom. Vor der Spanischen Treppe verkaufte er seinen Silberschmuck von einem Rollwagen herab. 1884 eröffnete er in der Via Sistina ein eigenes Juweliergeschäft.
Sotirios setzte von Anfang an auf Exklusivität und wenn jemand nach dem Preis fragte, soll er geantwortet haben: »Wenn Sie nach dem Preis fragen müssen, ist es für Sie zu teuer«. 1905 änderte die Familie ihren Namen in Bulgari, die italienische Form von Voulgaris. Im gleichen Jahr zog Sotirios in ein neues Geschäft in der noblen Einkaufsstraße Via dei Condotti, direkt gegenüber der Spanischen Treppe, das jahrzehntelang zu den beliebtesten Treffpunkten der internationlen High-Society gehörte. Noch heute ist dieser Laden das Hauptgeschäft von Bulgari.
Berühmt wurden die Bulgaris nach dem Ersten Weltkrieg mit ihrem einzigartigen Schmiede-Stil, der sich an Vorbildern aus der griechischen und römischen Antike orientierte. Das »V« (anstatt »U«) im Bulgari-Schriftzug (BVLGARI), das seit 1930 verwendet wird, hat hier seinen Ursprung. In der antiken lateinischen Sprache gab es kein »U«, dafür wurde das »V« als »U« ausgesprochen (nur vor einem Vokal wurde es als »V« ausgesprochen). Außerdem kannten die alten Römer nur Großbuchstaben.
Nachdem der Gründer 1932 verstorben war, führten seine Söhne Constantino und Giorgio das Unternehmen weiter. Die internationale Expansion begann erst in den 1970er Jahren des 20. Jahrhunderts, als Bulgari Geschäfte und Showrooms in Genf, Hongkong, London, Mailand, Monte Carlo, München, New York, Paris, Osaka, St. Moritz und Tokyo eröffnete. 1980 stieg das Unternehmen mit der Tochtergesellschaft Bulgari Time (Neuchâtel/Schweiz) in die Produktion von Luxusuhren ein. 1990 entstand ebenfalls in Neuchâtel die Firma Bulgari Parfums. Seit Anfang der 1990er Jahre werden unter dem Label Bulgari neben Schmuck, Uhren und Parfums auch Brillen, Handtaschen, Home-Design (Geschirr, Tischdekorationen), Krawatten, Leder-Accessoires, Seidenschals und Schreibgeräte vermarktet, die allerdings meist von Lizenznehmern wie Luxottica (Brillen) oder Rosenthal (Home-Design) stammen. 2001 gründete Bulgari gemeinsam mit dem US-Hotelkonzern Marriott das Jointventure Bulgari Hotels & Resorts; das erste Bulgari-Hotel eröffnete 2004 in Mailand, 2006 folgte das zweite auf Bali (Indonesien).
2011 verkaufte die Bulgari-Familie das seit 1995 börsennotierte Unternehmen an den französischen Luxusgüterkonzern LVMH (Christian Dior, DKNY, Dom Pérignon, Ebel, Fendi, Givenchy, Guerlain, Hennessy, Kenzo, Louis Vuitton, Moët & Chandon, TAG-Heuer), wodurch sie zum zweitgrößten LVMH-Anteilseigner aufstieg. Bulgari ist neben Tiffany (USA) und Cartier (Frankreich) der größte Schmuckhersteller der Welt.
Text: Toralf Czartowski