Markenlexikon
Jonathan Browning (1805 – 1879), ein Schmied und Büchsenmacher aus Tennessee, betrieb in den 1830er Jahren ein Waffengeschäft in Quincy/Illinois. Nachdem er 1842 zu den Mormonen übergetreten war, verkaufte er sein Geschäft in Quincy und eröffnete ein neues in Nauvoo/Illinois, wo sich damals das Zentrum der Mormonen-Bewegung befand.
Die Mormonen, eine 1830 in den USA gegründete christliche Religionsgemeinschaft, waren an der amerikanischen Ostküste und im Mittleren Westen vor allem wegen ihrer Lebensweise (Polygamie) ständigen Anfeindungen und Verfolgungen ausgesetzt, was dazu führte, dass sie 1846/1847 an den Großen Salzsee im heutigen Bundesstaat Utah, der damals noch zu Mexiko gehörte, auswanderten.
Jonathan Browning, der drei Frauen und neunzehn Kinder hatte, eröffnete 1852 in dem kleinen Ort Ogden/Utah wieder ein Waffengeschäft. Hier lernte sein Sohn John Moses Browning (1855 – 1926) das Handwerk des Büchsenmachers. Er wurde später mit insgesamt 128 Patenten einer der berühmtesten Waffenkonstrukteure seiner Zeit und sein Verschluss-System für Selbstladepistolen (Browning-System) findet bis heute Anwendung.
1880, ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters, gründeten die sechs Browning-Brüder John Moses, Matthew, Jonathan Edmund, Thomas Samuel, William und George die Browning Brothers Company. In ihrer kleinen Werkstatt fertigten sie die von John Moses entwickelten Gewehre, zunächst Einzelladerbüchsen und ab 1882 Repetierbüchsen mit Zylinderverschluss und Röhrenmagazin sowie einen Unterhebelrepetierer mit Röhrenmagazin und außenliegendem Hammer.
1883 wurde Andrew McAusland, ein Vertreter der Winchester Repeating Arms Company, auf die Browning-Waffen aufmerksam. Winchester erwarb die Rechte an dem Unterhebelrepetierer und brachte ihn als Winchester 1885 auf den Markt. Auch mit den Winchester-/Browning-Modellen 1886, 1887/1901, 1890, 1892, 1893/1897, 1894 und 1895 konnte das Unternehmen große Verkaufserfolge erzielen.
Browning arbeitete aber nicht nur für Winchester, sondern auch für andere Waffenhersteller. Für Colt entwickelte er 1892 ein vollautomatisches Maschinengewehr (Colt M1895 Potato Digger) und 1900 die erste halbautomatische Pistole der USA (Colt M1900). Die Selbstladeflinte Browning Auto-5 (1900) wurde von FN (Belgien), Remington, Savage und Franchi (Italien) hergestellt.
1897 erwarb die belgische Firma Fabrique Nationale d’Armes de Guerre (FN) aus Herstal bei Lüttich die Herstellungs- und Vetriebsrechte für alle Märkte außerhalb der USA. Traurige Berühmtheit erlangte das FN-Modell 1910, mit dem der Attentäter Gavrilo Princip am 28. Juni 1914 in Sarajevo den österreichisch-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie erschoss, was kurz darauf den Ersten Weltkrieg auslöste.
Als besonders langlebig erwies sich das von Browning entwickelte Colt-Modell M1911, eine halbautomatische Kaliber-45-Selbstladepistole, die von 1911 (U.S. Army) bzw. 1913 (U.S. Navy, U.S. Marine Corps) bis 1985 die Standardwaffe der amerikanischen Streikräfte war. Danach wurde die 1923 modifizierte Version M1911A1 durch die Beretta 92 FS ersetzt. Die M1911, die von zahlreichen Firmen in Lizenz gebaut wurde und noch wird, ist bis heute bei Polizei- und Spezialeinheiten der Armee im Einsatz, außerdem ist sie bei Sportschützen sehr beliebt.
Browning entwickelte auch mehrere Maschinengewehre (M1917, M1919, M2, B.A.R. Browning Automatic Rifle). Die letzte von Browning entwickelte Waffe war die Selbstladepistole FN Browning GP35 (Grande Puissance), die jedoch erst nach seinem Tod von dem FN-Techniker Dieudonné Saive fertiggestellt wurde. Die GP35, die 1935 auf den Markt kam, avancierte unter der Bezeichnung FN HP (High Power) zu einer der weltweit am meisten eingesetzten Pistolen.
1927, ein Jahr nach dem Tod von John Moses Browning, gründeten seine Söhne John und Matthew Browning in Ogden die Browning Arms Company, die jedoch nur auf dem US-Markt tätig wurde und ausschließlich Sport- und Jagdwaffen herstellte. 1977 ging dieses Unternehmen in den Besitz des langjährigen Partners Herstal Group (vormals FN Herstal) über. 1987 erwarb Herstal auch die United States Repeating Arms Company, der die Marke Winchester gehörte. Hergestellt werden die Browning- und Winchester-Waffen nun in Herstal (Belgien), Columbia/South Carolina (USA), Viana (Portugal) und von der Miroku Corporation in Nankoku (Japan), mit der die Herstal Group seit langem eng kooperiert.
Unter dem Browning-Label werden inzwischen auch Produkte wie Jagdbekleidung, Handschuhe, Taschen, Messer, Taschenlampen und Schuhe vermarktet. In Morgan/Utah befindet sich nur noch die Hauptverwaltung von Browning Arms und Winchester Repeating Arms sowie eine Konstruktionsabteilung.
Text: Toralf Czartowski