Markenlexikon
Der australische Flugzeugmechaniker John Arthur (Jack) Brabham (1926 – 2014) war einer der erfolgreichsten Rennfahrer der 1950er und 1960er Jahre. Dreimal wurde er Formel-1-Weltmeister: 1959 und 1960 mit einem Cooper-Climax und 1966 mit seinem eigenen Rennwagen Brabham-Repco. 1961 hatte er zusammen mit dem ebenfalls aus Australien stammenden Ingenieur Ron Tauranac (1925 – 2020) die Firma Motor Racing Developments (MRD) in Milton Keynes/England gegründet und 1962, als der Vertrag mit dem Cooper-Rennstall ausgelaufen war, rief er mit der Brabham Racing Organisation (BRO) auch einen eigenen Rennstall ins Leben. Dass noch aktive Rennfahrer eigene Rennställe gründeten war damals nichts außergewöhnliches (Bruce McLaren, John Surtess, Emerson Fittipladi).
Zunächst baute das Unternehmen Rennwagen für die Formel Junior, bald darauf auch für andere Rennserien wie die Formel 1. Die Chassis wurden erfolgreich an verschiedene Teams verkauft. Jack Brabham fuhr seine Fahrzeuge ab 1962 auch selbst, zunächst noch mit Motoren von Coventry Climax. Den ersten Sieg errang er 1963. Aber erst 1966, als sich Brabham von der australischen Firma Repco (Replacement Parts Company) einen eigenen Motor auf Basis eines Buick-Blocks bauen ließ, konnte er mit dem Brabham BT19 seinen dritten WM-Titel erringen. Damit war er der erste und bis heute auch einzige Fahrer, der mit seinem eigenen Rennwagen die Weltmeisterschaft gewann. 1967 sicherte sich Dennis Hulme, der seit 1965 für die BRO fuhr, erneut den WM-Titel. In beiden Jahren, 1966 und 1967, stand Brabham zusätzlich bei der Konstrukteurs-WM auf Platz eins. Auch in der Formel 2 waren die Brabham-Rennwagen mit den beiden Fahrern Brabham und Hulme damals sehr erfolgreich, allerdings mit Motoren von Honda und Ford-Cosworth.
1969 verkaufte Jack Brabham seine Anteile an den beiden Firmen MRD und BRO an Ron Taurancac, der das BRO-Team in die Motor Racing Developments eingegliederte, aber weiterhin den im Motorsport bekannten Namen Brabham verwendete. Jack Brabham beendete seine Motorsportkarriere 1970 im Alter von 44 Jahren. Er zog anschließend auf eine Farm in Australien und gründete zahlreiche kleinere Firmen (Autohäuser, Garagen, Engine Developments).
1972 verkaufte Tauranac MRD an Bernard Charles (Bernie) Ecclestone (* 1930), einen früheren Motorradhändler, Rennfahrer und Manager von Jochen Rindt, der 1968 eine Saison für Brabham gefahren war. Ecclestone gab 1976 das Kundengeschäft auf und konzentrierte sich ganz auf das eigene Team. Neuer Chefkonstrukteur wurde 1973 der Südafrikaner Gordon Murray, der die Brabham-Rennwagen bis 1986 entwickelte. Als Fahrer verpflichtete Brabham den Ex-Weltmeiter Graham Hill (1971 – 1972), der jedoch nicht mehr an seine früheren Leistungen anknüpfen konnte, den Argentinier Carlos Reutemann (1972 – 1976), den Brasilianer Carlos Pace (1974 – 1977), Wilson Fittipaldi, den älteren Bruder des zweifachen F1-Weltmeisters Emerson Fittipaldi (1972 – 1973), John Watson (1973 – 1974) und Hans-Joachim Stuck (1977).
Reutemann erreichte 1975 mit dem Brabham-Ford BT44B und dem Brabham-Alfa-Romeo BT45 den dritten Platz der Fahrer-WM, Pace den 6. Rang. 1976 waren die Brabham-Rennwagen wegen des anfälligen Alfa-Romeo-Motors nicht konkurrenzfähig, doch 1978, als Niki Lauda von Ferrari zu Brabham gewechselt war, stand das Team bereits wieder auf dem 3. Rang der Konstrukteurswertung und auf dem 4. Platz der Fahrerwertung.
Für Furore sorgte 1978 das sogenannte Staubsaugerauto Brabham BT46B, das dem erfolgreichen Ground-Effect-Rennwagen Lotus 72 Konkurrenz machen sollte. Dessen speziell geformten Unterboden konnte Brabham nicht nachbauen, da der Alfa-Romeo-Motor dafür zu breit war. Um den gleichen Effekt zu erzielen, baute Konstrukteur Murray am Heck einen Ventilator ein, der die Luft vom Unterboden absaugte und nach hinten ausstieß. Die Idee ging auf den amerikanischen Rennwagenhersteller Chaparral Cars zurück, der schon 1970 eine ähnliche Konstruktion verwendet hatte. Als sich jedoch andere Fahrer über den aufgewirbelten Schmutz und Kies beschwerten, wurde die Verwendung dieser Technik schon nach einem Rennen wieder verboten.
Die erfolgreichste Zeit des Rennstalls begann 1980 mit dem brasilianischen Rennfahrer Nelson Piquet, der 1979 zu Brabham gekommen war. Nach dem Rücktritt von Niki Lauda zum Ende der Saison 1979 wurde Piquet die Nummer eins im Team. Er kam gut mit Konstrukteur Murray zurecht und Niki Lauda bezeichnete ihn als kommenden Weltmeister. Brabham wechselte zudem in der Saison 1980 wieder auf den bewährten Cosworth-DFV-Motor. 1980 wurde Piquet mit dem BT49 hinter Alan Jones (Williams-Ford) Vize-Weltmeister. 1981 sicherte sich Piquet mit dem BT49 den ersten WM-Titel knapp vor Carlos Reutemann (Williams-Ford). Bedingt durch den Wechsel zum neuen BMW-Turbomotor und den damit verbundenen technischen Schwierigkeiten, war der BT50 in der Saison 1982 noch nicht konkurrenzfähig. Erst mit dem BT52 gelang Piquet 1983 sein zweiter WM-Titel. Er war auch der erste Fahrer, der mit einem Turbomotor Weltmeister wurde.
In den nächsten Jahren, als auch die anderen Rennställe auf Turbomotoren gewechselt waren, fuhr Brabham-BMW wieder im Mittelfeld. Nelson Piquet ging 1986 zu Williams-Renault. BMW beendete im darauffolgenden Jahr das Engagement in der Formel 1. In der Saison 1988 nahm Brabham nicht an der WM-Teil, da man keinen neuen Motor bekommen hatte. Von 1986 bis 1989 fuhren Elio de Angelis, Riccardo Patrese, Andrea de Cesaris, Stefano Modena und Martin Brundle für Brabham.
Bernie Ecclestone, der aufgrund seiner Funktionärstätigkeit bei der von ihm 1971 gegründeten FOCA (Formula One Constructors Association) kaum noch Zeit hatte, sich um den Rennstall zu kümmern, verkaufte Brabham Ende 1987 an die Fiat-Tochter Alfa-Romeo, die damals gerade an einer neuen Rennserie arbeitete, bei der Serienfahrzeuge mit F1-Motoren ausgestattet werden sollten. Nachdem sich das Projekt zerschlagen hatte, verkaufte Alfa-Romeo Brabham 1988 an den Schweizer Finanzjongleur Joachim Lüthi, wobei der Schweizer Rennfahrer und Rennstallbesitzer Walter Brun (EuroBrun Racing) als Strohmann auftrat. Lüthi wurde jedoch schon im Herbst 1989 wegen Steuer- und Wirtschaftsbetrugs verhaftet. 1992 konnte er jedoch aus der Untersuchungshaft fliehen. Nachdem man ihn 1994 in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt hatte, wurde er 1995 in Kalifornien festgenommen und in die Schweiz ausgeliefert.
1990 wurde die Middlebridge Group, die sich im Besitz des japanisches Milliardärs Koji Nakauchi befand, neuer Eigentümer von Brabham. Middlebridge betrieb bereits einen Formel-3000-Rennstall. Von 1990 und 1992 wurden die Brabahm-Rennwagen mit Judd- und Yamaha-Motoren von Stefano Modena, Martin Brundle, Mark Blundell, David Brabham (der Sohn von Jack Brabham) und Damon Hill (der Sohn von Graham Hill) gefahren. Der Rennstall war jedoch vollkommen unterfinanziert und die Brabham-Autos fuhren dem Feld hoffnungslos hinterher.
1992 wurde die japanische Alolique Group neuer Brabham-Eigentümer. Beide Unternehmen, Middlebridge und Alolique, erhielten ihre Kredite von der britischen Auto-Leasing- und Mietwagenfirma Landhurst, die allerdings nur Bankkredite ohne Kenntnis der betreffenden Banken weiterreichte, die eigentlich für das eigene Geschäft gedacht gewesen waren. Zudem zahlte Middlebridge Schmiergelder an Landhurst, um weitere Kredite zu bekommen. Als Landhurst 1992 Insolvenz beantragen musste und die Rückzahlung der Kredit fällig wurde, war Brabham bzw. offiziell Motor Racing Developments ebenfalls zahlungsunfähig. 1993 wurden die Vermögenswerte von Brabham versteigert, u. a. an Yamaha Motor Sports (Brabham-Fabrik in Chessington).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain