Markenlexikon
Frédèric Boucheron (1830 – 1902) war neben Peter-Carl Fabergé, Louis François Cartier, Charles Lewis Tiffany und Sotirios Bulgari einer der großen Juweliere des 19. Jahrhunderts. Zu seinen Kunden gehörten die russischen Zaren, die englischen und schwedischen Könige, die indischen Maharajas sowie die amerikanischen Industriellen-Familien Astor, Rockefeller und Vanderbilt. Eine der vielen Kronen des englischen Königshauses stammt von Boucheron. Die sogenannte Boucheron-Tiara wurde 1921 für Daisy Greville, die Geliebte des Königs Edward VII., angefertigt. Später gehörte sie Elizabeth Bowes-Lyon, der Mutter von Königin Elizabeth II., dann Elizabeth II. selbst und 2005 schenkte siePrinz Charles seiner Frau Camilla Parker-Bowles zur Hochzeit. Frédèric Boucheron hatte 1858 in Paris ein Juweliergeschäft eröffnet, das er 1893 auf den noblen Place Vendôme verlegte. Weitere Läden entstanden in Moskau (1898), London (1903) und St. Petersburg (1911).
Neben allerlei Schmuck aus Diamanten, Gold, Perlen, Saphiren, Smaragden und Türkisen fertigte Boucheron bald auch Armbanduhren, was ihm den Titel »Jeweler of time« einbrachte. 1928 bekam Louis Boucheron, der Sohn des Gründers, den Auftrag, die Edelsteine aus dem Schatz des Maharadjahs von Patiala (Indien) einzufassen. Zwei Jahre später beauftragte der persische Schah Reza Schah Pahlavi Boucheron, eine Bestandsaufnahme der persischen Juwelen durchzuführen und deren Wert zu schätzen. Anschließend ernannte der Schah die Familie Boucheron und ihre Nachkommen zu »Hütern des Schatzes«. Damit Louis Boucheron überhaupt die Schatzkammer betreten durfte, erließ der Schah extra ein Dekret. Denn außer der Herrscher-Familie und ihren Bediensteten durfte den märchenhaften Schatz keiner zu Gesicht bekommen, bei Zuwiderhandlung drohte die Enthauptung. Über den Schatz drang nie etwas an die Öffentlichkeit, nicht einmal innerhalb der Boucheron-Familie. Außer vielleicht die Tatsache, dass der gesamte Schatz hinter einer Holztür mit sieben Schlössern in verstaubten Kisten lagerte.
1988 brachte Alain Boucheron gemeinsam mit dem Schweizer Pharma- und Kosmetik-Unternehmen Schweizerhall aus Basel (heute Acino) ein Damen-Parfum auf den Markt, drei Jahre später folgte das maskuline Pendant Boucheron pour homme (weitere Parfums: 1994 Jaïpur; 1999 Jaïpur Saphir; 2000 Initial; 2004 Trouble; 2006 Trouble Eau Legere, Jaipur Homme Fraicheur; 2007 Miss Boucheron; 2008 B de Boucheron).
Von 1994 bis 1999 wurde die Schweizerhall Holding AG Mehrheitseigentümer der Boucheron S.A., verkaufte das Unternehmen jedoch im Zuge einer strategischen Neuausrichtung auf die Geschäftsbereiche Pharma und Chemie im Jahr 2000 an die Gucci Group (Gucci, Yves Saint Laurent). Von 1999 bis 2004 erwarb der französische Einzelhandelskonzern PPR (Pinault-Printemps-Redoute; seit 2013 Kering) die Mehrheit der Gucci Group. 2008 verkaufte PPR/Gucci die Kosmetiksparte YSL Beauté (Balenciaga, Boucheron, Ermenegildo Zegna, Gucci, Oscar de la Renta, Roger & Gallet, Stella McCartney, Van Cleef & Arpels, Yves Saint Laurent) an L'Oréal. Die Brillen-Kollektion, die es seit 1994 gibt, wird von Safilo hergestellt, die Uhrwerke stammen von der Schweizer Uhrenmanufaktur Girard-Perregaux. Boucheron betreibt heute Boutiquen in Cannes, Dubai, Hong Kong, London, Monaco, Moskau, Paris, Saint-Tropez, San Francisco, Shanghai, Seoul, Taipei und Tokyo.
Text: Toralf Czartowski