Markenlexikon
Der Bengale Nani Gopal Bose hatte einst gegen die britische Kolonialmacht in Indien in gekämpft, war dann jedoch nach Philadelphia (USA) ausgewandert, wo sein Sohn Amar Gopal Bose (1929 – 2013) zur Welt kam. Bereits im Alter von dreizehn Jahren reparierte Bose Junior Radiogeräte und Modelleisenbahnen. Manchmal musste er sogar die Schule schwänzen, um alle Aufträge erledigen zu können. Nach der High School studierte er am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) Elektrotechnik. Anschließend arbeitete er eine Zeitlang bei Philips in Eindhoven und Delhi. 1956 kaufte er sich eine High-End-Stereoanlage, deren Klangqualität ihn jedoch schwer enttäuschte. Jahrelang suchte er nun die Ursachen dafür, warum kein Lautsprecher den originalgetreuen Klang eines Live-Konzertes wiedergeben konnte.
1964 hatte er die Lösung gefunden und gründete mit finanzieller Hilfe mehrerer Investoren (u. a. dem MIT) in Framington/Massachusetts eine eigene Firma, die 1968 den revolutionären Direct/Reflecting-Lautsprecher auf den Markt brachte (Bose 901). Dieses Lautsprechersystem, das es bis heute gibt, erhielt viele internationale Auszeichnungen und setzte neue Maßstäbe für die originalgetreue Musikreproduktion. Bose ahmte durch den Aufbau seiner Lautsprechersysteme die Schallabstrahlung realer Musikinstrumente nach, die nicht nur in eine Richtung abstrahlen, sondern den Schall auf indirektem Weg im Raum verteilen, wie in einem Konzertsaal (Reflexion von Wänden, Decken und Böden). Herkömmliche Lautsprecher strahlen den gesamten Schall direkt in den Raum ab, wodurch rund neunzig Prozent des Klangeindrucks verloren geht.
Für die Entwicklung der Waveguide-Technologie wurde Amar Bose und William Short 1987 die Auszeichnung »Erfinder des Jahres« verliehen. Durch im Gehäuseinneren verschlungene Kanäle, die die Bewegung der Schallwellen mittels membranbewegter Luft über eine definierte Strecke lenken, war es nun möglich, extrem kleine Lautsprecher zu bauen, die einen raumfüllenden Klang erzeugen, wie das sonst nur große Boxen können. Als Vorbild diente den Entwicklern die Pfeifenorgel, die mit sehr wenig Luft eine ganze Kathedrale beschallen kann (Acoustic Waveguide).
Eine weitere bahnbrechende Innovation war 1989 der Acoustic-Noise-Cancelling-Kopfhörer, der unerwünschte Geräusche erkennt und elektronisch durch ein Gegensignal unterdrückt. Sie kamen anfangs vor allem in Flugzeug-Cockpits zum Einsatz.
Neben Audiogeräten für Heimanwender (HiFi-Systeme, Home Entertainment Systeme, Kopfhörer, Lautsprechersysteme, Radiogeräte, Soundsysteme für Autos) und professionellen Beschallungssystemen für Theater, Opern und Kirchen (u. a. im Petersdom in Rom) entwickelt und produziert Bose inzwischen auch Test- und Simulationsinstrumente für die Materialforschung, Produktentwicklung und Medizintechnik.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Public Domain