Markenlexikon
Ottmar Voelk, Alfred Daeschner und Alfons Geister gründeten 1923 in Berlin die Ideal Radiotelefon- und Apparatefabrik (ab 1927 Ideal Werke), die zunächst Kopfhörer und Detektor-Empfänger produzierte. Nur einen Monat zuvor hatte die Funk-Stunde aus dem Berliner Vox-Haus die erste deutsche Radiosendung ausgestrahlt. Und wer diese Radiosendungen hören wollte, brauchte einen Detektor-Empfänger mit Kopfhörer. Detektor-Empfänger waren einfache Geräte, die nur aus wenigen Bauteilen bestanden und keine eigene Stromquelle benötigten. Als Stromlieferant dienten die vom empfangenen Sender aufgenommenen elektromagnetischen Wellen.
1924 meldete das Unternehmen den Namen Blaupunkt beim Patentamt als Marke an – benannt nach dem runden blauen Zelluloid-Plättchen, das die firmeneigene Qualitätskontrolle zur Kennzeichnung benutzte. 1930 wurde Bosch aus Stuttgart Hauptlieferant von Radiobauteilen für die Ideal Werke. Im gleichen Jahr beteiligte sich die Schweizer Bosch-Tarnfirma Industria Kontor an den Ideal Werken. Hintergrund für diese indirekte Beteiligungen waren Lizenzverträge zwischen Ideal und AEG-Telefunken, die einen direkten Kauf nicht zuließen. Erst 1933 kam es zu einer Übernahme durch Bosch.
1932 brachte Ideal das erste in Europa seriengefertigte Autoradio auf den Markt (Autosuper AS-5). Das Gerät für Mittel- und Langwellenempfang kostete mit 465 Reichsmark ein Drittel dessen, was man damals für ein kleines Auto bezahlen musste. Entwickelt hatten es die Bosch-Ingenieure in Stuttgart. Die erschütterungsfreie Unterbringung der Glaskolbenröhren galt als technische Meisterleistung. Die Fertigung der Blaupunkt-Autoradios blieb noch bis 1940 in Stuttgart. 1938 wurde Ideal Werke in Blaupunkt Werke umbenannt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog die Firma nach Hildesheim um. 1952 brachte Blaupunkt das erste UKW-Autoradio der Welt auf den Markt (A520KU). Weitere Blaupunkt-Meilensteine waren 1969 das erste Stereo-Autoradio der Welt (Modell Frankfurt), 1974 der erste Empfänger für Verkehrsfunk (ARI Autofahrer-Rundfunk-Information), 1976 Autoradios mit integriertem Verkehrsfunkdecoder, 1989 das erste europäische Navigationssystem für den Straßenverkehr (TravelPilot) und 1997 das erste Autoradio mit Mobiltelefon, das das Freisprechen und Freihören ermöglichte. Bis 1980 stellte Blaupunkt auch noch Kofferradios und HiFi- Komponentensysteme her.
2008 verkaufte Bosch die Marke Blaupunkt, das Handels- und Komponentengeschäft (Navigations- und Multimediasysteme, die nachträglich ins Auto eingebaut werden), die Zentrale in Hildesheim und die drei Werke Vila Real (Portugal), Beni Khalled (Tunesien) und Penang (Malaysia) an die Münchener Industrieholding Aurelius. Das Erstausrüstergeschäft (integrierte Systeme, die von den Autoherstellern eingebaut werden) blieb bei Bosch. Aurelius veräußerte den Geschäftsbereich Antennensysteme (Autoantennen, Funksysteme, Receiver- und Fernsehtechnik) von Blaupunkt 2009 an die Kathrein-Gruppe. 2015 musste Blaupunkt Technology Hildesheim (Radios, Navigationsgeräte, Lautsprecher, Verstärker für Fahrzeuge) Insolvenz beantragen. Einzelne Teile des Unternehmens wurden daraufhin an andere Firmen verkauft.
Die Blaupunkt-Markenrechte werden von der Firma GIP Development (Luxemburg) verwaltet. Auf der ganzen Welt gibt es zahlreiche Unternehmen, die die Marke Blaupunkt für unterschiedliche Produkte (u. a. Autoradios, Batterien, Elektrowerkzeuge, Gartengeräte, Haushaltsgeräte, Klimaanlagen, Kücheneinbaugeräte, Mobiltelefone, Sicherheitssysteme, Staubsauger-Roboter, Unterhaltungselektronik) in Lizenz verwenden.
Text: Toralf Czartowski