Markenlexikon
Pietro Barilla (1845 – 1912) eröffnete 1877 in Parma eine kleine Bäckerei, in der die Familie neben Brot, Brötchen und Kuchen auch Pasta herstellte. 1910 errichtete Barilla eine eigene Fabrik und begann mit der industriellen Großserienfertigung seiner Nudelprodukte. 1960 wurde das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1970 nahm Barilla in Pedrignano bei Parma die bis heute größte Teigwarenfabrik der Welt in Betrieb. Zur gleichen Zeit wurden die Barilla-Produkte erstmals in Süditalien verkauft, wo traditionell mehr Nudeln gegessen werden, als in anderen Teilen des Landes.
Nachdem Barilla wegen einer Krise auf dem italienischen Lebensmittelmarkt in Schwierigkeiten geraten war, verkaufte die Familie ihre Firmenanteile 1971 an den US-Chemiekonzern W.R. Grace. Doch bereits 1979 erwarben Pietro Barilla, ein Enkel des Firmengründers, und seine drei Söhne Guido, Luca, Paolo sowie seine Tochter Emanuela das Unternehmen wieder zurück. Obwohl keines der verwöhnten Barilla-Kinder zuvor irgend etwas mit Wirtschaft am Hut gehabt hatte (Paolo war Rennfahrer, Guido hatte einige Semester Philosophie studiert), machte die vierte Barilla-Generation die Firma zum größten Nudelhersteller der Welt. Der Kunstliebhaber Guido, der die Leitung des Unternehmens nach dem Tod seines Vaters 1993 übernahm, galt anfangs unter Italiens Wirtschaftsführern als Schwächling, der Barilla in den Ruin treiben würde. Doch mit einer ausgefeilten Marketingstrategie und Werbe-Ikonen wie Gérard Depardieu, Steffi Graf, Placido Domingo, Alberto Tomba, Federico Fellini und Paul Newman gelang es ihm, der hausbackenen Marke Barilla ein neues Image zu geben. 1979 entstand die erste Tochtergesellschaft außerhalb Italiens (in Frankreich), 1989 stieg man in das Geschäft mit Pasta-Saucen ein und 1996 schaffte Barilla den Einstieg in den schwierigen US-Markt.
1998 übernahm Barilla den schwedischen Knäckebrothersteller Wasabröd, der zuvor zum Schweizer Pharmakonzern Novartis gehört hatte, und 2002 die deutsche Backwarenkette Kamps AG, der auch die Großbäckereien Lieken, Wendeln und Golden Toast gehörten. 2010 verkaufte Barilla die Kamps-Backwarenkette mir rund 900 Bäckereien an den Frankfurter Finanzinvestor Equity Capital Management (ECM), behielt aber die Lieken AG, in der seit 2008 die Marken Lieken Urkorn und Golden Toast zusammengefasst sind. 2013 wurde die Lieken AG an die tschechische Agrofert-Holding verkauft.
Barilla ist eine nichtbörsennotierte Aktiengesellschaft, die sich mehrheitlich im Besitz der Barilla-Familie befindet. Produktionsstandorte gibt es in Italien, Deutschland, Griechenland, Mexiko, Norwegen, Polen, Schweden, der Türkei und den USA.
Text: Toralf Czartowski