Markenlexikon

Audi

Ursprungsland: Deutschland

Der Maschinenbau-Ingenieur August Horch (1868 – 1951) hatte einige Jahre bei Carl Benz in Mannheim gearbeitet, bevor er 1899 in Köln-Ehrenfeld eine eigene Werkstatt eröffnete. 1900 kam sein erstes Auto auf den Markt. 1902 zog er nach Reichenbach/Vogtland um und 1904 siedelte er seine Firma in Zwickau/Sachsen an. Das Unternehmen arbeitete in den Anfangsjahren nicht sonderlich rentabel, weshalb der patriarchische Firmenchef, der sich partout an keinen vernünftigen Finanzplan halten wollte, mit seinen Geldgebern ständig aneinander geriet. 1909 wurde er schließlich vom Aufsichtsrat aus seiner eigenen Firma entlassen.

Kurz darauf gründete er mit finanzieller Unterstützung einiger befreundeter Unternehmer in Zwickau eine neue Firma. Da der Name Horch als Automarke schon vergeben war, kam der damals zehnjährige Heinrich Fikentscher, der Sohn eines Horch-Mitarbeiters, auf die Idee, ihn ins Lateinische zu übersetzen (audio = hören, audi = höre bzw. horch), was 1910 zum Firmennamen Audi führte. Der erste Audi, Typ-A genannt, wurde sofort ein Erfolg. Eine verfehlte Modellpolitik (zu groß, zu luxeriös, zu teuer) führte in den wirtschaftlich desolaten Zeiten der 1920er Jahre jedoch dazu, dass die Audi-Werke 1928 von der Zschopauer Motorenfabrik J.S. Rasmussen (DKW-Motorräder) übernommen werden mussten. Ab 1931 ließ DKW in Zwickau die preiswerten Autos der frontangetriebenen DKW-F-Serie mit Zweitaktmotor produzieren.

Die Weltwirtschaftskrise brachte Audi, DKW, Horch und die Automobilabteilung der Wanderer-Werke in Chemnitz/Siegmar in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, sodass sich diese Unternehmen auf Druck der sächsischen Landesregierung, die den guten Ruf des sächsischen Automobilbaus erhalten wollte, zur Auto-Union AG (Zwickau, ab 1936 Chemnitz) zusammenschlossen, was sich auch im Logo der neuen Firma, den vier Ringen, widerspiegelte.

Das Unternehmen, das nun Fahrzeuge der Marken Audi (Mittelklasse), Auto-Union (Rennwagen), DKW (Motorräder, Kleinwagen), Horch (Luxuslimousinen, Lastwagen) und Wanderer (gehobene Mittelklasse) produzierte, befand sich zum großen Teil im Besitz des Freistaates Sachsen. Zwischen 1933 und 1939 wurden in den Horch-Werksanlagen auch die von Ferdinand Porsche entwickelten Grand-Prix-Rennwagen der Auto-Union gebaut, die mit Fahrern wie Hans Stuck, Bernd Rosemeyer oder Tazio Nuvolari zu den stärksten Gegnern der Mercedes-Benz-Rennwagen zählten (Silberpfeil-Ära). Die reguläre Autofertigung wurde 1940 kriegsbedingt zugunsten der Rüstungsproduktion eingestellt. Das war auch gleichzeitig das Ende der Automarken Horch und Wanderer. Die Marke Audi wurde erst ab Mitte der 1960er wieder verwendet.

Audi
Audi

1946 wurde der Auto-Union-Konzern, dessen Hauptwerke alle im Osten Deutschlands lagen, verstaatlicht und in der Industrieverwaltung Fahrzeugbau (IFA) mit anderen Fahrzeugherstellern zusammengefasst. Ab den 1950er Jahren liefen in diesen Werken u.a. der Kleinwagen Sachsenring Trabant (Zwickau), die MZ-Motorräder (Zschopau) oder der Transporter Framo/Barkas (Chemnitz) vom Band.

1949 kam es in Ingolstadt zur Neugründung der Auto-Union. Zunächst produzierte man in Ingolstadt und in einem ehemaligen Rheinmetall-Borsig-Werk in Düsseldorf-Derendorf preiswerte Zweitaktautos (unter den Marken DKW und Auto-Union), Kleinlaster (DKW), Motorräder (DKW) und Armee-Geländewagen (Munga). Die gelungensten Modelle waren das von der Karosseriebaufirma Baur Stuttgart in Kleinserie gebaute Coupé/Roadster Auto-Union 1000 Sp (1958 – 1965), das stark an das Design des Ford Thunderbird angelehnt war, und der Sportwagen DKW 3=6 Monza (1956 – 1958), der von den Firmen Dannenhauer & Stauss (Stuttgart), Massholder (Heidelberg) und Robert Schenk (Stuttgart-Feuerbach) gebaut wurde.

Der Versuch die Marke Horch wiederzubeleben scheiterte 1953 an der wirtschaftlich schwierigen Nachkriegszeit. Der damalige Auto-Union-Chef Richard Bruhn nutzte das einzige gebaute Exemplar noch einige Jahre als Dienstwagen. 2008 wurde das Fahrzeug in Texas entdeckt und nach Ingolstadt zurückgebracht, wo es nun im Audi-Museum steht. Die letzte Horch-Modellreihe, die Oberklasse-Limousine Horch P 240, baute das Zwickauer IFA-Horch-Werk von 1955 bis 1959. Nachdem die Auto-Union in Ingolstadt jedoch Einspruch gegen die Verwendung der Marke Horch erhoben hatte, wurde dieses Fahrzeug ab 1957 als Sachsenring P 240 verkauft.

Fehlendes Kapital, zunehmende Probleme mit dem technisch veralteten Zweitaktmotor und ein zu kleines Modellprogramm führten 1958 dazu, dass der Industrielle Friedrich Flick (Buderus, Daimler-Benz, Dynamit-Nobel, Maxhütte, Maybach) eine Mehrheitsbeteiligung an der Auto-Union erwarb, die er an Daimler-Benz weiterreichte. Gleichzeitig entstand aus dem Zusammenschluss der Motorradmarken DKW, Victoria und Express die Zweirad-Union Nürnberg. Glücklich wurden die beiden ungleichen Partner jedoch nie. Die großen Mercedes-Limousinen und die kleinen DKW mit ihren stinkenden und lauten Zweitaktmotoren passten einfach nicht zusammen. Schließlich verkaufte Daimler-Benz die Auto-Union und das Werk in Ingolstadt zwischen 1964 und 1966 an die Volkswagen AG, die gerade ein weiteres Montagewerk für den Käfer suchte. Die Zweirad-Union Nürnberg wurde an den lokalen Konkurrenten Fichtel & Sachs/Hercules Werke verkauft, der die Marke DKW noch bis Ende der 1970er Jahre auf einigen ausländischen Märkten (u.a. Italien, USA, Großbritannien) für Hercules-Motorräder verwendete.

Volkswagen wollte in Ingolstadt eigentlich keine neuen Modelle mehr entwickeln, lediglich der gerade fertiggestellte F103 (mit einem von Daimler-Benz entwickelten Vierzylinder-Viertaktmotor) sollte noch einige Jahre weiterproduziert werden. Dieses Modell vermarktete man unter dem alten Namen Audi, den vor allem Motor-Journalisten ins Spiel gebrachten hatten. Die Marken Auto-Union und DKW gab man auf, da sie zu sehr für die Zweitaktmotoren-Ära standen. Dass Audi dann doch als eigenständige Automarke erhalten blieb, lag an dem früheren Daimler-Benz-Ingenieur Ludwig Kraus, der heimlich in seiner Freizeit den Audi 100 C1 (1968 – 1976) entwickelte. Dank der neuen Audi-Modelle mit wassergekühlten Frontmotoren schaffte Volkswagen Anfang der 1970er Jahre gerade noch rechtzeitig den Umstieg vom veralteten Käfer zu einer modernen Generation von Fahrzeugen (Passat, Polo, Golf).

1969 übernahm Volkswagen die NSU Motorenwerke AG aus Neckarsulm und schloss beide Unternehmen zur Audi NSU Auto-Union AG mit Sitz in Neckarsulm zusammen. NSU befand sich damals wegen technischen Problemen mit dem Doppelrotor-Wankelmotor-Modell RO80 gerade in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Da das fusionierte Unternehmen mit dem Audi 100 und dem RO80 zwei Oberklassemodelle im Programm hatte, wurde der Bau des RO80 1977 eingestellt, was auch das Ende der Marke NSU bedeutete. Die Schließung des NSU-Werkes in Neckarsulm konnte 1975 durch einen Protestmarsch der Beschäftigten von Neckarsulm nach Heilbronn verhindert werden.

Audi
Audi

In der ersten Hälfte der 1970er Jahre kam die neue Audi-Generation auf den Markt (1972 Audi 80, 1974 Audi 50, 1976 Audi 100). Einige Modelle gab es in modifizierter Version auch als VW (Passat, Polo). Das berühmteste Auto aus Ingolstadt war das Sportcoupé Audi Quattro (1980 – 1991) mit permanenten Allradantrieb. Später rüsteten VW und Audi auch andere Modelle mit dem Quattro-Antrieb aus, dessen Vorzüge sich besonders bei schwierigen Straßenverhältnissen zeigten (Schnee, Glätte, Nässe, Laub, Schmutz, Schotter). Auch im Motorsport machte der Audi Quattro eine gute Figur. In den 1980er Jahren begann unter dem damaligen Audi-Technikchef Ferdinand Piëch (1937 – 2019) die Neuorientierung der Marke Audi hin zu einem technikbetonten Image (mit dem früheren NSU-Slogan »Vorsprung durch Technik.«). So wurden die Karosserien ab 1985 vollverzinkt und 1989 brachte Audi den ersten deutschen PKW mit Diesel-Direkteinspritzung (TDI) auf den Markt.

1985 wurde die Audi NSU Auto Union AG (Neckarsulm) in Audi AG (Ingolstadt) umbenannt, sodass nun auch der Firmenname NSU verschwand. Das Xetra-Börsenkürzel (ETR) der Audi AG lautet jedoch weiterhin NSU, da der Zusammenschluss der Auto-Union GmbH und der NSU Motorenwerke AG 1969 rechtlich nur eine Umbenennung der NSU AG war.

In den 1990er Jahren stellte Audi die Typenbezeichnungen um: die neuen Modelle mit Aluminium-Karosserie hießen ab 1994 A4 (80), A6 (100) und A8 (V8). 1996 folgte noch der Kompaktwagen Audi A3, 2000 der Minivan Audi A2, der jedoch schon 2005 wegen zu geringer Verkaufszahlen wieder vom Markt genommen wurde, und 2010 der Kleinwagen Audi A1, der technisch mit dem VW Polo V verwandt ist. Mit dem Audi Q7 (ab 2005), der auf dem VW Touareg/Porsche Cayenne basiert, brachte Audi erstmal ein SUV auf den Markt. Inzwischen gibt es mit dem Audi Q5 (seit 2008), dem Audi Q3 (seit 2011), dem Audi Q2 (seit 2016) und dem Audi Q8 (seit 2018) noch weitere Sport Utility Vehicles. Seit 2005 produziert Audi in Neckarsulm den Mittelmotor-Sportwagen Audi R8, dessen Namensgebung an den gleichnamigen Rennwagen, der bei dem Sportwagen-Langstreckenrennen »24 Stunden von Le Mans« zwischen 2000 und 2005 fünf Siege erringen konnten, erinnern soll. Ein weiteres Highlight aus dem Hause Audi war 1998 der TT, den es als Roadster und Coupé gab. 2018 brachte Audi mit dem Audi Q8 e-tron erstmals ein in Serie gebautes Elektroauto auf den Markt. Zuvor waren unter dem Kürzel e-tron Plug-in-Hybridmodelle vermarktet worden (2014 – 2019).

1998 erwarb Audi den italienischen Sportwagenhersteller Lamborghini. Mit der Übernahme des italienischen Motorradherstellers Ducati (Bologna) durch die Audi-Tochter Lamborghini kehrte Audi 2012 zu seinen Ursprüngen zurück. DKW und NSU hatten lange Zeit zu den führenden Motorrad-Herstellern der Welt gehört.

Audi-Produktionsstätten gibt es in Aurangabad (Indien), Bratislava (Slowakei), Brüssel (Belgien), Changchun (China), Győr (Ungarn), Heilbronn (Deutschland), Ingolstadt (Deutschland), Neckarsulm (Deutschland) und São José dos Pinhais (Brasilien).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain