Taro Yagur – Kampf um Tanybur

Markenlexikon

AMC American Motors

Ursprungsland: USA

Charles Warren Nash (1864 – 1948) arbeitete einige Jahre als Farmer in Michigan, bevor er 1890 bei der Flint Road Cart Company (ab 1895 Durant-Dort Carriage Company) in Flint/Michigan einen Job als Polsterer bekam. Durant-Dort war der größte Kutschenhersteller der USA. Bereits wenige Monate später wurde Nash zum Fabrikleiter ernannt, zehn Jahre später war er Vize-Präsident und Geschäftsführer von Durant-Dort. 1908 gründete William Durant den Automobilkonzern General Motors, dessen erste Tochtergesellschaft die Buick Motor Company wurde. Im gleichen Jahr avancierte Buick zum größten Fahrzeughersteller der USA und 1910 auch der Welt. In diesem Jahr wurde Nash Produktionsleiter und Vize-Präsident bei Buick. Zur gleichen Zeit musste Durant wegen finanzieller Schwierigkeiten des Konzerns seinen Chefsessel bei GM räumen. 1912 wurde Nash Präsident von General Motors. Weil er sich weigerte den Aktionären eine Dividende zu zahlen, verlor er diesen Job jedoch 1915 wieder.

1916 kaufte Nash die Thomas B. Jeffrey Company aus Kenosha/Wisconsin und benannte sie 1917 Nash Motors Company um. Das von Thomas Buckland Jeffery (1845 – 1910) gegründete Unternehmen baute seit 1897 Automobile unter dem Markennamen Rambler. 1929 kaufte Nash LaFayette Motors, einen Hersteller von Luxusfahrzeugen aus Milwaukee/Wisconsin. Ende der 1920er Jahre war Nash Motors der viertgrößte Automobilhersteller der USA (nach GM, Ford und Chrysler), allerdings mit gehörigem Abstand. Wirklich dauerhaft konkurrieren konnte Nash mit den drei Großen nicht.

Als Charles Nash 1936 in den Ruhestand gehen wollte, machte ihn Walter Chrysler auf George Walter Mason (1891 – 1954), den Chef des Kühlgeräteherstellers Kelvinator, als Nachfolger aufmerksam. Der wollte allerdings lieber Chef von Kelvinator bleiben. Erst als 1937 der Zusammenschluss beider Unternehmen ins Gespräch kam, wurde er schließlich doch Vorstandvorsitzender der neuen Nash-Kelvinator Corporation mit Sitz in Detroit. Die Fusion eines Auto- und eines Kühlgeräteherstellers machte durchaus Sinn, da Auto-Klimaanlagen in den USA damals gerade in Mode kamen. Auch GM (Frigidaire) und Chrysler bauten eigene Lüftungs- und Klimaanlagen für ihre Autos.

Um gegen die drei großen US-Autokonzerne General Motors, Ford und Chrysler bestehen zu können, war jedoch Nash-Kelvinator zu klein, vor allem als sich GM und Ford in den späten 1940er Jahren einen ruinösen Preiskampf lieferten. Auch die anderen kleinen US-Hersteller Studebaker und Packard sowie Kaiser Motors und Willys-Overland (Jeep) waren in den frühen 1950er Jahren gezwungen, sich zusammenzuschließen. 1954 übernahm Nash-Kelvinator schließlich die Hudson Motor Car Company aus Detroit, die 1909 von Joseph Lowthian Hudson (1846 – 1912), den Besitzer der Einzelhandelskette Hudson's, gegründet worden war und die ebenfalls zu den kleineren Herstellern gehörte. Das neue Unternehmen firmierte nun als American Motors Corporation (AMC).

AMC wurde vor allem mit der Klasse der Compact-Cars, wie die damals in den USA gerade aufkommenden Mittelklasseautos genannt wurden, bekannt. Zu den erfolgreichsten AMC-Fahrzeugen zählte der Nash Rambler (1950 – 1955), eines der ersten Compact Cars überhaupt, das zweisitzige Sport-Coupé Nash-Healey (1951 – 1954), das gemeinsam mit dem britischen Autodesigner Donald Healey (Austin-Healey) entstand, der Nash Metropolitan (1953 – 1961), der Rambler American (1958 – 1969), das viersitzige Sportcoupé Javelin (1967 – 1974), das zweisitzige Sportcoupé AMX (1968 – 1970), der Hornet (1969 – 1977), der Kleinwagen Gremlin (1970 – 1978), der Matador (1970 – 1978), der Kompaktwagen Pacer (1975 – 1979), der AMC Spirit (1979 – 1983), der Concord (1977 – 1983) und der Eagle (1979 – 1987). Daneben produzierten Nash, Hudson und AMC auch einige große Full-Size-Cars (Oberklasse), wie den Ambassador (1927 – 1974), den Hudson Wasp (1951 – 1956), den Hudson Hornet (1950 – 1957) und den Rambler Marlin (1965 – 1967).

1968 verkaufte AMC die Kelvinator-Kühlgerätesparte an White Consolidated Industries (heute Electrolux). 1970 erwarb AMC die Kaiser Jeep Corporation, den Hersteller der militärischen und zivilen Jeep-Geländewagen, der auf den Autohersteller Willys-Overland zurückgeht. Im gleichen Jahr wurde der militärische Bereich unter dem Namen AM General Corporation (AM = American Military) aus dem AMC-Konzern ausgegliedert; Hauptaktionär blieb allerdings AMC. Zwischen 1978 und 1980 übernahm der französische Staatskonzern Renault über die Hälfte der Aktien von American Motors und ließ in deren Montagewerken mehrere eigene Modelle für den US-Markt fertigen, u. a. den Renault 5, den Renault 9 (Renault/AMC Alliance) und den Renault 11 (Renault/AMC Encore).

1984 verkaufte American Motors AM General an den Luft- und Raumfahrtkonzern LTV (Ling-Temco-Vought) und zog sich damit aus dem militärischen Bereich zurück; Hintergrund für diesen Schritt waren vor allem die Bedenken, die das Pentagon mit den ausländischen AMC-Eignern hatte. AM General entwickelte damals gerade das neue Humvee-Kommandofahrzeug für die U.S. Army, aus dem später der zivile Hummer abgeleitet wurde.

Da Renault in den 1980er Jahren nicht nur in den USA sondern auch in Europa mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen hatte, verkaufte man die AMC-Anteile 1987 an Chrysler. Gleichzeitig übernahm Chrysler auch alle restlichen Aktien von American Motors und der Name AMC wurde zugunsten von Jeep-Eagle Division aufgegeben. Bis 1990 wurde die American Motors Corporation vollständig auf die Chrysler Corporation verschmolzen. Chrysler-Chef Lee Iacocca war vor allem an der weltweit erfolgreichen Marke Jeep interessiert gewesen, die als einzige der AMC-Marken im Chrysler-Konzern bis heute überlebte.

Das AMC- und frühere Nash-Hauptwerk in Kenosha wurde von der Chrysler Group, die sich damals bereits teilweise im Besitz des Fiat-Konzerns befand, 2010 geschlossen und zwei Jahre später abgerissen. Auch das kanadische Werk in Brampton/Ontario, das 1960 eröffnet worden war, wurde 1994 geschlossen.

Text: Toralf Czartowski