Markenlexikon

Amazon

Ursprungsland: USA

Der Elektrotechniker und Informatiker Jeffrey Preston Bezos (* 1964) arbeitete zunächst bei verschiedenen New Yorker Investmentfirmen als Finanzanalyst. Dann stieß er zufällig auf eine Statistik die besagte, dass die Zahl der Bits, die durch das Internet fließen, jährlich mit einer Rate von 2.300 Prozent wächst. Solche Steigerungsraten lassen natürlich jeden Investmentbanker aufhorchen. Kurz entschlossen untersuchte er verschiedene Produkte daraufhin, wie gut sie sich im Internet verkaufen lassen würden. Die größten Chancen hatten seiner Meinung nach Bücher, vor allem weil die unendliche Masse von Büchern die es gibt, unmöglich in einem Buchladen aufgestellt werden können. Schließlich zog er nach Seattle um, mietete dort eine Garage an – nicht weil er kein Geld hatte, sondern weil viele erfolgreiche Elektronik- und Computerfirmen ihr erstes Domizil in Garagen hatten – und gründete den Internet-Buchhandel Amazon.com, die er nach dem Fluss Amazonas benannte. Dass sich Bezos für diesen Namen entschied, hatte verschiedene Gründe. Erstens steht der zweitlängste Fluss der Erde, der längste des amerikanischen Doppelkontinents und der wasserreichste der Welt für Größe und Stärke, zweitens ist der Name Amazon in Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen weit vorne zu finden und drittens sind seine unzähligen Verzweigungen ein Spiegelbild des Internets.

Im Juli 1995 ging die Website amazon.com online. 1,1 Millionen Titel nahm Amazon in seine erste Datenbank auf, ein Zehntel davon war im Lager von der Größe eines Buch-Supermarktes vorrätig. Nach einem Monat hatte Amazon bereits Bücher in alle US-Bundesstaaten und 45 Länder verkauft. Durch die Nennung in Yahoos Link-Liste »What's Cool« und in Netscapes »What's New« wurde die neue Website bald auch von den Medien wahrgenommen. Vor allem ein Bericht des Wall Street Journals (»Wie ein Wall-Street-Genie die Nische des Internet-Buchhandels entdeckte.«) sorgte für lange Bestell-Listen bei Amazon. Was den Online-Buchhandel vor allem für Buch-Enthusiasten interessant machte war die Möglichkeit, dass jeder über jedes Buch Rezensionen abfassen konnte. Außerdem bekam man für Buchempfehlungen extra Prozente gutgeschrieben. 1996 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 15,7 Millionen US-Dollar. Ein Jahr später waren es bereits 147,8 Millionen Dollar.

1997 ging Amazon an die US-Technologiebörse NASDAQ und machte seinen Gründer damit zum Millionär. Inzwischen hat sich Amazon mit zahlreichen regionalen Ablegern u.a. in Großbritannien (seit 1998), Deutschland (seit 1998), Japan (seit 2000), Frankreich (seit 2000), Kanada (seit 2002), China (seit 2004), Italien (seit 2010), Spanien (seit 2011), Indien (seit 2013), Brasilien (seit 2012), Mexiko (seit 2013), Niederlande (seit 2014), Australien (seit 2017) und Schweden (seit 2020) zu einem riesigen Online-Warenhaus entwickelt, das im Prinzip alles verkauft, was man legal erwerben kann. Amazon übernahm im Laufe der Jahre zahlreiche Unternehmen (Online-Buchhändler, Online-Shops, Internet-Datenbanken, Self-Publishing-Plattformen, Videoportale), die das Angebot stetig vergrößerten.

2006 gründete Amazon die Amazon Web Services (AWS), ein Dienst, der die firmeneigene IT-Infrastruktur auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellte. Inzwischen ist AWS neben Microsoft, Google und IBM der führende US-Cloud-Computing-Anbieter. Daneben betreibt Amazon auch andere Websites und -Dienste (u.a. A9, Alexa Internet, Amazon Mechanical Turk, IMDb Internet Movie Database) sowie Portale für Fremdunternehmen.

Amazon
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Neben dem Hauptgeschäft, dem Buchverkauf, bietet Amazon zahlreiche weitere Online-Shopping-Dienste an oder Dienste, die mit dem Shopping in Verbindung stehen, u.a. Amazon Marketplace (privater oder kommerzieller Verkauf von gebrauchten oder neuen Waren), Amazon Music (Musik-Download-Shop), Prime Video (Video-on-Demand), Amazon Pay (Bezahldienst), Amazon Prime (Premiumdienst mit vergünstigtem Expressversand, unbegrenztes Film- und Musik-Streaming, AmazonFresh Lieferdienst), Amazon Publishing (Verlag), Amazon Freevee (kostenfreie Video-on-Demand-Plattform), Amazon Advertising (Onlinewerbung) und den Amazon Appstore. 2011 stieg Amazon in das Liefergeschäft ein (Amazon Logistics). Allerdings betreibt Amazon nur Verteilzentren und Paketautomaten (Amazon Locker), keinen eigenen Fuhrpark. Die Auslieferung der Pakete übernehmen regionale Lieferdienste.

Weiterhin vermarktet Amazon E-Book-Reader (seit 2007; Kindle), Tablet-Computer (seit 2011; Kindle Fire, Fire Tablet), Set-Top-Boxen/ Streaming-Media-Adapter (seit 2014; Fire TV) und das Spracherkennungssystem Echo/Alexa (seit 2015). Hergestellt werden diese Geräte von chinesischen Auftragsfertigern wie Foxconn und Quanta. Die Produktion des Smartphones Fire Phone wurde 2015 nach nur einem Jahr wieder eingestellt.

2013 erwarb Jeff Bezos die renommierte Tageszeitung The Washington Post. Daneben gehört dem Amazon-Gründer, der inzwischen zu den reichsten Menschen der Welt gehört, das im Jahr 2000 gegründete private Raumfahrtunternehmen Blue Origin (Kent/Washington), dessen wiederverwendbare Trägerrakete/Raumkapsel New Shepard (benannt nach dem ersten US-Astronauten Alan Shepard) ab 2015 mehrere erfolgreiche unbemannte Starts absolvierte. Der erste bemannte Flug fand im Juli 2021 statt. Er dauerte rund zehn Minuten und erreichte eine Höhe von 106 Kilometern. An Bord waren neben Jeff Bezos, sein Bruder Mark, die 82-jährige Mary Wallace Funk und der 18-jährige zahlende Tourist Oliver Daemen. 2021/2022 erwarb Amazon das Hollywood-Filmstudios Metro-Goldwyn-Mayer (MGM). Hintergrund für die Übernahme war der Versuch, den eigenen Streamingdienst Prime Video mit einem Inhalte-Anbieter gegenüber den Konkurrenten Netflix und Disney besser zu positionieren.

Amazon steht bereits seit Jahren wegen der systematischen Ausbeutung seiner Mitarbeiter in der Kritik. Dies betrifft vor allem die Lagerarbeiter und die Paketausfahrer. Nicht eingehaltene Mindestlöhne durch kreative Firmenkonstruktionen im In- und Ausland (Sub- und Subsubunternehmen, Zeitarbeitsfirmen), befristete Arbeitsverträge, totale Überwachung mittels Scannern und Kameras sowie untersagte Pausen während der Arbeitszeit sind nur einige Vorwürfe. In den Lagern herrsche eine »Kultur der Angst«, wie Amazon-Mitarbeiter immer wieder berichten. Auch vernichtet Amazon weiterhin eigene Retouren und Neuwaren sowie die von Dritthändlern, einerseits um so Lagergebühren zu sparen, andererseits aus steuerlichen und buchhalterischen Gründen (nur ein zerstörter Artikel kann direkt als Totalverlust verbucht werden) – nun aber weniger in Deutschland, sondern verstärkt in Osteuropa.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain