Tory Tordal: Taro Yagur – Kampf um Tanybur

Markenlexikon

ABC Records

Ursprungsland: USA

Die National Broadcasting Company (NBC), eine 1926 gegründete Tochtergesellschaft der Radio Corporation of America (RCA), war in den 1930er und 1940er Jahren die führende Rundfunkgesellschaft der USA; sie besaß gleich zwei Networks (Blue Network, Red Network), was daran lag, dass die NBC-Gründungsfirmen General Electric/RCA und Westinghouse Electric schon vorher unabhängig voneinander Radiostationen betrieben hatten. RCA kaufte zudem auch noch Stationen von AT&T.

1943 musste NBC auf Anweisung der Federal Communications Commission (FCC) einen Teil seines Networks verkaufen. Käufer war der Süßwarenfabrikant und Drugstore-Besitzer Edward John Noble (1882 – 1958), der das Blue Network 1945 in American Broadcasting Company (ABC) umbenannte.

Im April 1948 begann ABC als letzter Sender der sogenannten Big Three mit der Ausstrahlung eines eigenes Fernsehprogramms. Damit gab es nun drei große Rundfunkgesellschaften (ABC, CBS, NBC), die einen Teil ihres Programms an selbstständige lokale Rundfunk- und Fernsehstationen lieferten, sodass sie in weiten Teilen der USA zur Hauptsendezeit zu empfangen waren. Diese Vorgehensweise war und ist in den USA notwendig, da jedes Unternehmen nur eine begrenzte Anzahl von Sendern betreiben darf. Die großen TV-Network besitzen nur einige wenige sogenannte O&O-Stationen (O&O = owned and operated) in größeren Städten. Anfangs wurden die Sendungen live oder zeitversetzt über das Telefonnetz von AT&T übertragen, ab 1951 kam Mikrowellenrichtfunk (ebenfalls von AT&T) zum Einsatz und später übernehmen Satelliten diese Aufgabe.

1953 schloss sich ABC mit der Kinokette United Paramount Theatres, einer früheren Tochtergesellschaft der Filmgesellschaft Paramount Pictures, zusammen (die Kinos wurden in den 1970er Jahren verkauft).

Da auch CBS und NBC mit Plattenfirmen verbandelt waren (CBS besaß CBS/Columbia und NBC gehörte zu RCA) gründete ABC 1955 in New York die Am-Par Recording Corporation (ab 1961 ABC-Paramount Records), die ihre Platten unter den Labels ABC-Paramount, Apt (ab 1958), Back Beat (Übernahme 1973), BluesWay (ab 1966), Duke (Übernahme 1973), Dunhill (Übernahme 1966), Grand Award/Command (Übernahme 1959), Impulse! (ab 1960; Jazz), Peacock (Übernahme 1973), Probe (ab 1968; Progressive Rock), Song Bird (Übernahme 1973; Gospel) und Westminster (Übernahme 1961; Klassik) veröffentlichte.

In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre war das Teenager-Idol Paul Anka der große Umsatzbringer von ABC-Paramount. Seine Hits »Diana« (1957), »You Are My Destiny« (1958), »Lonely Boy« (1959), »Put Your Head On My Shoulder« (1959), »It's Time To Cry« (1959), »Puppy Love« (1960), »My Home Town« (1960) oder »Hello, Young Lovers« (1960) verkauften sich millionenfach in Nordamerika, aber auch in Europa und Australien.

In den 1960er Jahren feierte ABC Erfolge mit dem Soulsänger Ray Charles (1960 »Georgia On My Mind«, »One Mint Julep«, »Sticks And Stones«; 1961 »Hit The Road Jack«, »Unchain My Heart«; 1962 »I Can’t Stop Loving You«, »You Don't Know Me«, »You Are My Sunshine«; 1963 »Busted«; 1965 »Crying Time«; 1966 »Together Again«, »Let's Go Get Stoned«), dem Blues-Musiker B. B. King (1966 »Don't Answer The Door«, 1970 »The Thrill Is Gone«, »Chains And Things«) und dem R&B-Sänger Lloyd Price (1958 »Stagger Lee«; 1959 »Where Were You«, »Personality«, »I’m Gonna Get Married«, »Come Into My Heart«; 1960 »Lady Luck«, »Question«). Dem zuvor erfolgreichen Fats Domino gelangen bei ABC allerdings keine Hits mehr.

Nachdem sich die Muttergesellschaft American Broadcasting-Paramount Theatres 1965 wieder in American Broadcasting Companies umbenannt hatte, bekam auch die Plattenfirma ein Jahr später den Namen ABC Records. Dadurch konnte die Filmgesellschaft Paramount Pictures, die ihre Soundtrack-Platten bis dahin auf den Labels Famous Music und Dot Records veröffentlichte, nun das Label Paramount Records verwendeten.

1967 nahm Louis Armstrong, der gerade von Kapp Records zu ABC Records gewechselt war, den Song »What A Wonderful World« auf. Geschrieben hatten ihn Bob Thiele (unter dem Pseudonym George Douglas) und George David Weiss. Thiele war zu dieser Zeit auch Chef des ABC-Sublabels Impulse! Records. Larry Newton, dem Präsidenten des ganzen ABC-Konzerns, gefiel der langsame Titel allerdings überhaupt nicht. Er versuchte die Aufnahme in den United Recording Studios in Las Vegas zu stoppen, wurde aber von den anwesenden Musikern, Technikern und Songwritern aus dem Studio geworfen. Daraufhin sorgte er dafür, dass ABC Records die Platte in den USA kaum bewarb und sie sich daher nur schlecht verkaufte. In vielen anderen Teilen der Welt wurde der Titel dagegen ein Nummer-Eins-Hit (Australien, Großbritannien). In Großbritannien war »What A Wonderful World« die meistverkaufte Single des Jahres 1968. Dort war der ABC-Vertriebspartner EMI (HMV-Label) für die Veröffentlichung zuständig.

1968 veröffentlichte das gerade ein Jahr zuvor gekaufte Label Dunhill (ABC-Dunhill) die Biker-Hymne »Born To Be Wild« von Steppenwolf, die auch im Film »Easy Rider« zum Einsatz kam und sich über eine Million Mal verkaufte.

1970 verlegte ABC Records seinen Firmensitz von New York nach Los Angeles, wo es seit 1962 eine Niederlassung gab. In den 1970er Jahren hatte ABC Records die Blues-Musiker B. B. King und John Lee Hooker, die Country-Rock-Band Poco, die Rockband Steely Dan und die Soul-Band The Four Tops unter Vertrag.

1974 erwarb ABC Records große Teile des Musikbereichs von Paramount Pictures (Blue Thumb Records, Dot Records, Paramount Records) – nur der Musikverlag Famous Music blieb bei Paramount. 1979 wurde ABC Records von dem Unterhaltungskonzern MCA/Universal (heute Universal Music Group) übernommen, der das Label ABC Records bald darauf aufgab.

Text: Toralf Czartowski