Markenlexikon

Wartburg

Ursprungsland: Deutschland

Der aus Thüringen stammende Erfinder und Unternehmer Heinrich Ehrhardt (1840 – 1928) gründete 1878 eine Metall und Waffenfabrik in Zella St. Blasii (heute Zella-Mehlis) und 1889 die Rheinische Maschinen- und Metallwarenfabrik (Rheinmetall) in Düsseldorf. Nachdem er einige Jahre als deren Chef tätig gewesen war, suchte er nach neuen Herausforderungen. So rief er 1896 die Fahrzeugfabrik Eisenach ins Leben, die zunächst Geschütze und Fahrräder baute. Die ersten Fahrzeuge entstanden 1898 nach französischer Decauville-Lizenz und trugen den Namen Wartburg – benannt nach der gleichnamigen Burg in Eisenach. 1903 verließen Ehrhardt und sein Sohn Gustav das Unternehmen jedoch wieder und bauten noch bis 1919 Autos unter ihrem eigenen Namen.

Die neuen Besitzer nannten die Firma nun Dixi. Der Name Dixi bedeutet auf lateinisch »ich habe gesprochen« und soll einer Anekdote zufolge aus dem Schlusswort einer heftigen Diskussion im Aufsichtsrat, über den Namen der neuen Firma, entstanden sein. 1927 erwarb das Werk von der englischen Austin Motor Company die Lizenz für die Fabrikation des Kleinwagens Austin Seven (Dixi 3/15 DA), geriet danach jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, sodass Dixi 1928 von den Bayerischen Motoren-Werken (BMW) aus München übernommen wurde, die bis dahin nur Motorräder gebaut hatten.

Bis 1931 produzierte man in Eisenach den Dixi 3/15 DA in verschiedenen Varianten weiter (Dixi 3/15 DA1, BMW 3/15 DA2, BMW Wartburg DA3, BMW 3/15 DA4), dann verschwanden die Namen Wartburg und Dixi zugunsten von BMW. Die erste BMW-Eigenentwicklung war 1932 der Kleinwagen AM1 3/20 (AM = Auto München) mit einer von Daimler-Benz in Sindelfingen gefertigten Karosserie. Die erste komplette Neukonstruktion kam 1933 als BMW 303 auf den Markt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion bereits im November 1945 wieder aufgenommen, obwohl das Werk stark zerstört war. Die ersten noch aus der Vorkriegszeit stammenden Fahrzeuge (BMW 321, BMW 326, BMW 327, BMW 340 und das Motorrad BMW R35) gingen als Reparationsleistungen an die Sowjetunion. 1946 wurde das Eisenacher BMW-Werk in die Sowjetische Aktiengesellschaft Avtovelo (AWO) eingegliedert.

Wartburg
Wartburg

Da sich die Eisenacher BMW-Fahrzeuge auch international gut verkauften, klagten die Bayerischen Motoren-Werke gegen die Verwendung des Namens BMW. Als das Werk 1952 an die DDR zurückgegeben wurde, nannte sich die Firma Eisenacher Motoren Werke (EMW). 1953 gab EMW die Produktion der BMW-Modelle zugunsten des schon 1939 entwickelten IFA F9 (DKW F9), der bis dahin bei Audi in Zwickau gebaut worden war, auf. Die Motorrad-Produktion wurde 1955 beendet.

1956 kam der Wartburg 311 auf den Markt. Gleichzeitig änderte sich auch die Firmenbezeichnung in Automobilwerk Eisenach (AWE). Das Werk entwickelte den Prototypen des 311 in Eigenregie, also ohne staatlichen Auftrag, wie das in der DDR ansonsten üblich war. Da die Reaktionen auf das von Hans Fleischer gestaltete Fahrzeug in der Presse, der Öffentlichkeit und der Parteiführung jedoch sehr postiv ausfielen und es außerdem juristische Streitigkeiten über den von AWE gefertigten F9 gab (die Auto-Union in Ingolstadt, die die Vorkriegsentwicklung DKW F9 ebenfalls baute, hatte gegen den Ost-F9 geklagt), wurde das Fahrzeug nachträglich genehmigt – allerdings erhielt der Betriebsdirektor Martin Zimmermann eine Disziplinarstrafe in Höhe von 5000 Mark.

Neben mehreren Limousinen-Versionen gab es den 311er als Kombi, Camping, Coupé, Cabriolet und Lieferwagen. Von 1957 bis 1960 wurde auch ein Roadster/Coupé in geringen Stückzahlen gefertigt (469 Exemplare), von dem viele in den Export gingen, u.a. in die USA. Der Wartburg Sport 313 erhielt 1958 auf der Imported-Car-Show in New York die Auszeichnung »Schönster europäischer Pkw«.

Das Nachfolgemodell Wartburg 312, das nur von 1965 bis 1967 produziert wurde, unterschied sich vom Vorgänger durch ein neues Fahrwerk (Einzelradaufhängung, Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer, Schräglenkerachse, 13-Zoll-Räder anstatt 15 Zoll), einige Modifikationen am Motor, der Lenkung und dem Kühlsystem sowie eine leicht modifizierte Karosserie. 1966 folgte der Wartburg 353 mit kantiger Karosserie, aber noch immer mit Zweitaktmotor. Erst 1988 erhielt der Wartburg 3.1 einen Viertaktmotor, die Karosserie wurde jedoch bis zur Einstellung der Produktion beibehalten.

Da der Markt für den Wartburg nach dem Ende der DDR vollkommen zusammenbrach, ließ die Treuhandgesellschaft, der die Werke in Eisenach nun gehörte, die Produktion im April 1991 stoppen. Einen Monat später wurde das Stammwerk, wo zwischen 1990 und 1991 kurzzeitig auch der Opel Vectra montiert worden war, geschlossen. Opel baute von 1991 bis 1992 auf dem Gelände des zwischen 1976 und 1984 errichteten AWE-Werks Eisenach-West am westlichen Stadtrand von Eisenach ein vollkommen neues Montagewerk. Das Hauptwerk in der Innenstadt, dessen Lage zwischen Innenstadt, Bahndamm und dem Fluss Hörsel eine Erweiterung unmöglich gemacht hatte, wurde in den 1990er Jahren teilweise abgerissen. Einige ehemalige Fertigungsgebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Dort befindet sich seit 2005 das Automuseum awe – automobile welt eisenach.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain