Markenlexikon

Verizon

Ursprungsland: USA

Sigurd L. Odegard, John A. Pratt und John F. O'Connell, drei Angestellte der Stadtwerke von Richland Center/Winsonsin, kauften 1918 die kleine Telefongesellschaft Richland Center Telephone Company, die damals rund 1500 Telefonanschlüsse im südlichen Wisconsin betrieb. Die 1920 gegründete Holdinggesellschaft Commonwealth Telephone Company, zu der auch die Richland Center Telephone Company gehörte, expandierte jedoch in den 1920er Jahren durch zahlreiche Übernahmen kleinerer regionaler Telefongesellschaften in 25 US-Bundesstaaten, sodass das Unternehmen bald über 500.000 Telefonanschlüsse besaß. 1935 benannte sich die Richland Center Telephone Company in General Telephone Corporation um. Nachdem GTC 1958 den Glühlampen- und Röhrenhersteller Sylvania übernommen hatte, lautete der neue Name General Telephone and Electronics Corporation (ab 1982 GTE Corporation). GTE war bei Ferngesprächen jahrelang der einzige Konkurrent des mächtigen Telefonkonzerns AT&T (Bell System).

Der frühere General-Electric-Angestellte John Goeken gründete 1963 in seiner Heimatstadt Joliet/Illinois die Firma Microwave Communications Inc. (MCI). 1969 bekam MCI von der Federal Communications Commission (FFC) die Lizenz für den Betrieb der Telefonverbindung Chicago – St. Louis/Missouri mittels Mikrowellen, die in Erdkabeln übertragen wurden. Damit wurde MCI bei inländischen Ferngesprächen zum ersten Konkurrenten des Monopolisten AT&T. In den 1970er Jahren versuchte AT&T, u.a. durch die Blockade der innerstädischen Anschlüsse, MCI aus dem Geschäft zu drängen, was jedoch scheiterte. MCI verklagte AT&T und bekam Recht. 1975 übernahm die Anti-Trust-Abteilung des Justizministeriums den Fall. 1980 wurde die Aufteilung von AT&T beschlossen. 1984 entstanden sieben selbstständige regionale Telefongesellschaften (Ameritech, BellAtlantic, BellSouth, Nynex, Pacific Telesis, SBC/Southwestern Bell, US West); AT&T musste sich nun auf die Vermittlung von Ferngesprächen und die Produktion von Telekom-Ausrüstungen beschränken.

1983 gründeten die Unternehmer Bernard (Bernie) John Ebbers, William Fields, David Singleton und Murray Waldron in Hattiesburg/Mississippi die Long Distance Discount Service Company (LDDS). Ziel dieses Unternehmens war es, für mittelständige Firmen in Mississippi kabellose Ortsanschlüsse bereitzustellen. Bereits ein Jahr stieg das Unternehmen auch in das Geschäft mit Ferngesprächen ein. Durch eine ganze Reihe von Übernahmen avancierte LDDS anfang der 1990er Jahre zum viertgrößten US-Anbieter von Fernnetzdienstleistungen. 1995 übernahm LDDS den Telekomkonzern WilTel Network Services (Williams Telecommunications), der sich seit seiner Gründung 1985 damit beschäftigte, Glasfaberkabel in stillgelegten Öl-Pipelines zu verlegen. Gleichzeitig benannte sich das Unternehmen in WorldCom um, vor allem weil WilTel bereits in Kanada und in Europa tätig war. 1996 übernahm WorldCom den Citynetz-Betreiber MFS Communications (Metropolitan Fiber Systems) inkl. des Internetproviders UUNET Technologies, 1998 den Internet-Provider CompuServe (WorldCom behielt jedoch nur das Hochgeschwindgigkeitsnetz, das Online-Geschäft wurde an AOL weiterverkauft), und noch im gleichen Jahr MCI, was ein kurzeitige Änderung des Firmennamens in MCI-WorldCom zur Folge hatte (bis 1999). Ein geplanter Zusammenschluss mit dem US-Telekomkonzern Sprint scheiterte 1999 an den Kartellbehörden der USA und Europas.

1999 schloss sich die BellAtlantic Corporation (Delaware, Maryland, New Jersey, Pennsylvania, Virginia, Washington/D.C., West-Virginia), die 1996 bereits die Nynex Corporation (Connecticut, Massachusetts, Maine, New Hampshire, New York, Rhode Island, Vermont) übernommen hatte, mit der GTE Corporation zusammen. Das neue Unternehmen nannte sich nun Verizon Communications. Der Name Verizon entstand aus dem lateinischen Wort »veritas« (Wahrheit, Wirklichkeit) und dem englischen Wort »horizon« (Horizont).

Nachdem in der Bilanz Unregelmäßigkeiten in Höhe von 11 Milliarden Dollar bekannt geworden waren, musste der WorldCom-Konzern, der in vielen Städten der Welt eigene Glasfasernetze für Firmenkunden betrieb, im Juli 2002 Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Konkursgesetzes beantragen, das Unternehmen zunächst die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Durch die Insolvenz verloren 20.000 Beschäftigte nicht nur ihren Job, sondern auch ihre gesamten Pensionsansprüche, die in WorldCom-Aktien angelegt waren. Die Investoren des Unternehmens verloren insgesamt rund 180 Milliarden Dollar. Die WorldCom-Pleite war der bis dahin größte Bilanzskandal der US-Wirtschaftsgeschichte.

Im April 2004 wurde MCI als eigenständiges Unternehmen aus der WorldCom-Konkursmasse herausgelöst. Nach einer wochenlangen Übernahmeschlacht, an der sich Verizon Communications und Qwest Communications (vorm. US West) beteiligten, erhielt Verizon im Februar 2005 schließlich den Zuschlag.

Im Juli 2005 wurde der damals 63-jährige Ex-WorldCom-Chef Bernard Ebbers wegen schweren Betrugs, Bilanzmanipulation und Falschaussage zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem musste er sein gesamtes Vermögen an betrogene Investoren abtreten. Er starb Anfang 2020, nachdem er Ende 2019 wegen gesundheitlicher Probleme aus der Haft entlassen worden war. Neben Ebbers mussten sich auch Scott Sullivan (Chief Financial Officer), David Myers (Controller), Buford Yates (Accounting Director), Betty Vinson (Accounting Manager) und Troy Normand (Accounting Manager) vor Gericht verantworten.

Die Mobilfunksparte Verizon Wireless betrieb Verizon (55 Prozent) von 2000 bis 2013 gemeinsam mit dem britischen Mobilfunkkonzern Vodafone (45 Prozent); inzwischen ist Verizon alleiniger Eigentümer.

2015 und 2016 erwarb Verizon die beiden Internet-Pioniere AOL und Yahoo. Der Versuch mit den Giganten Google und Facebook auf Augenhöhe zu konkurrieren schlug jedoch fehl. Schließlich verkaufte Verizon seine Media-Sparte inkl. AOL und Yahoo 2021 an die Private-Equity-Gesellschaft Apollo Global Management.

Text: Toralf Czartowski

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