Markenlexikon

TRW

Ursprungsland: USA

David Kurtz gründete 1901 in Cleveland/Ohio die Cleveland Cap Screw Company, die ein neues Verfahren zu Herstellung von Kopfschrauben entwickelte, bei dem die Köpfe und die Gewindeteile separat hergestellt und anschließend elektrisch zusammengeschweißt wurden. Der Ingenieur Charles Edwin Thompson (1870 – 1933), der bei Cleveland Cap Screw arbeitete, adaptierte dieses Verfahren auf die Herstellung von Ventilen, die damals immer häufiger von der Automobilindustrie benötigt wurden.

Alexander Winton, der Eigentümer der Winton Motor Carriage Company aus Cleveland und einer der Hauptabnehmer der neuen Ventile, war so begeistert von Thompson Erfindung, dass er 1905 die Mehrheit der Cleveland Cap Screw Company erwarb und Thompson zum General Manager des Unternehmens machte. 1908 wurde die Firma in Electric Welding Products Company umbenannt.

1915 ging das Unternehmen in den Besitz von Charles Thompson über, der es noch zweimal umbenannte, zuerst in Steel Products Company und dann 1926 in Thompson Products. Zu dieser Zeit war die Firma der führende Hersteller von Ventilen für die Automobil- und Flugzeugindustrie der USA.

1941 errichtete Thompson Products mit finanzieller Unterstützung der US-Regierung ein weiteres Werk in Euclid bei Cleveland, das die Flugzeugindustrie der USA während des Zweiten Weltkriegs mit Ventilen belieferte.

1953 beteiligte sich Thompson Products finanziell an der Gründung des Unternehmens Ramo-Wooldridge aus Los Angeles/California. Die Ingenieure Simon Ramo (1913 – 2016) und Dean Everett Wooldridge (1913 – 2006) hatten zuvor bei Hughes Aircraft ein System entwickelt, das Flugzeuge während Luftkämpfen mit Hilfe von Radarsignalen automatisch in die richtige Schussposition brachte. Zusammen mit der ebenfalls von Hughes entwickelten radargelenkten Luft-Luft-Rakete AIM-4 Falcon (1946), blieb das MA-1 lange Zeit hinein das wichtigste Abfangjägersystem der USA.

Nachdem sich Ramo und Wooldridge mit Howard Hughes wegen dessen Managementstils überworfen hatten, gründeten sie am Flughafen von Los Angeles ihre eigene Firma. 1957 kam ein weiteres Werk in Denver/Colorado dazu. Ramo-Wooldridge gehörte in den 1950er Jahren zu den Unternehmen, die am ICMB-Programm (Inter-Continental Ballistic Missile) beteiligt waren. Simon Ramo, der Elektrotechnik und Physik studiert hatte, und der zu den führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Mikrowellentechnik gehörte, war von 1954 bis 1958 wissenschaftlicher Leiter des ICBM-Programms. Der Air-Force-General General Bernard Schriever, damals Chef des ICBM-Programms, bezeichnete Ramo als den Architekten der Raketen Thor (Hersteller: Douglas Aircraft), Atlas (Hersteller: General Dynamics/Convair) und Titan (Hersteller: Martin-Marietta).

1958 schlossen sich Thompson Products und Ramo-Wooldridge ganz zusammen (TRW Thompson-Ramo-Wooldridge). Zu dieser Zeit entwickelte TRW gerade die ersten Pioneer-Raumsonden. Insgesamt baute TRW von 1958 bis 1978 neunzehn dieser Sonden, die den Mond, die Sonne, den Asteroidengürtel sowie die Planeten Jupiter, Saturn und Venus erforschten. Die 1972 gestartete Pioneer 10 war die erste Sonde, die den Jupiter erreichte (November 1973) und das erste von Menschen erschaffene Objekt, das das Sonnensystem verließ. Das letzte Signal von Pioneer wurde 2003 empfangen, bei einer Entfernung von rund zwölf Milliarden Kilometern von der Erde. TRW war später auch an weiteren NASA-Programmen beteiligt (Apollo, Viking 1/2, TDRS Tracking and Data Relay Satellite, Compton Gamma Ray Observatory, Chandra X-Ray Observatory).

Anfang der 1970er Jahre entwickelte die Bunker Ramo Corporation, ein 1964 gegründetes Jointventure von TRW und Martin-Marietta, das 1965 auch die frühere Western-Electric-Tochter Teleregister übernommen hatte, die vollelektronische Börse National Association of Securities Dealers Automated Quotations (NASDAQ). Bunker Ramo wurde 1981 an die Allied Corporation (später AlliedSignal; heute Honeywell) verkauft.

TRW blieb neben seinen Aktivitäten in der Luft- und Raumfahrtindustrie auch weiterhin ein Fahrzeugzulieferer, der u.a. Airbag-Systeme, Insassenrückhaltesysteme, Sensorsysteme für den Aufprallschutz und Lenkradsysteme entwickelte. 1999 übernahm TRW den britischen Fahrzeuglieferer LucasVarity, der 1996 aus dem Zusammenschluss von Lucas (1875 von Joseph Lucas in Birmingham gegründet) und Varity (bis 1986 eine Teil des Traktorenherstellers Massey-Ferguson) entstanden war.

2002 wurde TRW vom US-Luft- und Raumfahrtkonzern Northrop-Grumman übernommen, der den Automobilbereich ein Jahr später als eigenständiges Unternehmen abspaltete. TRW Automotive (Livonia/Michigan) gehörte zunächst einem Finanzinvestor und seit 2014 ist ZF Friedrichshafen Eigentümer. Der Geschäftsbereich Motorventile, das Urgeschäft von Thompson Products, wurde zur gleichen Zeit an den US-Fahrzeugzulieferer Federal Mogul verkauft.

Text: Toralf Czartowski