Markenlexikon

Puch

Ursprungsland: Österreich

Der Schlosser und Radsportler Johann Puch (1862 – 1914) eröffnete 1889 eine Fahrrad-Werkstatt in Graz, wo er bald darauf eigene Fahrräder herstellte, die unter dem Markennamen Styria (lat. Steiermark) verkauft wurden. Darüber hinaus übernahm die Firma Johann Puch & Comp. auch die Vertretung für den englischen Fahrradhersteller Humber und die deutsche Firma Winkelhofer & Jännicke (Wanderer). Aufgrund mehrerer Siege bei Fahrradrennen verkauften sich die Styria-Räder recht gut in Österreich-Ungarn, Frankreich und Großbritannien. 1897 stieg Puch jedoch aus seiner Firma aus, nachdem es mit seinem Partner, der Bielefelder Maschinenfabrik Dürkopp & Co., die sich 1896 an den Styria Fahrradwerken beteiligt hatte, zu Unstimmigkeiten gekommen war. Kurz darauf gründete er mit seinen Mitarbeitern Anton Werner und Martin Nöthing die Grazer Fahrradwerke Anton Werner & Com., die 1899 in Johann Puch – Erste steiermärkische Fahrrad-Fabriks-Actien Gesellschaft (ab 1914 Puchwerke AG) umbenannt wurde. Das neue Werk befand sich auf dem Gelände einer ehemaligen Wassermühle in Puntigam, damals noch eine eigenständiger Ort im Süden von Graz. Puchs erste Firma existierte unter dem Namen Styria-Dürkopp Werke weiter.

Um die Jahrhundertwende begann Puch mit der Produktion von Automobilen (1900) und Motorrädern (1903), u.a. von 1913 bis 1923 den Typ VIII (insgesamt 1850 Exemplare), den es als Pkw (Alpenwagen), Sanitätsfahrzeug und 2,5-Tonnen-Lastwagen (X, XB, XC) gab. Weitere Produkte waren Motorpflüge, Motorrollbahnen und Motorfeldbahnen.

Infolge der neuen geografischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem 1. Weltkrieg schlossen sich die Österreichische Daimler Motoren AG Wiener Neustadt (Austro Daimler), die Österreichische Automobil Fabriks AG Wien (ÖAF; vormals Austro Fiat) und die Puch-Werke AG Graz 1923 zu einer Interessensgemeinschaft zusammen, die 1928 schließlich zur Fusion von Austro Daimler, Puch und der Oefag (Oesterreichische Flugzeugfabrik AG) zur Austro Daimler Puchwerke AG führte. Die Oefag, die ebenfalls ein Werk in Wiener Neustadt besaß, hatte dort Karosserien für Austro Daimler hergestellt.

Austro Daimler war 1899 als Jointventure der Firmen der Firma Bierenz, Fischer & Co. und der Daimler Motoren Gesellschaft (Stuttgart) entstanden, hatte aber seit 1912 keine Verbindung mehr zur deutschen Daimler-Gesellschaft. Bei Austro Daimler waren Paul Daimler, der Sohn von Gottlieb Daimler, und Ferdinand Porsche eine Zeitlang als technische Leiter tätig gewesen.

Wegen der Weltwirtschaftskrise kooperierte Austro Daimler Puch ab 1930 bei der Automobilproduktion mit den Steyr-Werken. 1934 kam es dann schließlich zum endgültigen Zusammenschluss zur Steyr-Daimler-Puch AG (Graz). Das Werk in Wiener Neustadt wurde daraufhin aufgegeben und die Produktion nach Steyr und Graz verlagert.

Die Steyr-Werke – 1864 von Josef Werndl (1831 – 1889) und seinem Bruder Franz in Steyr gegründet – waren lange Zeit einer der größten Waffenhersteller Europas gewesen. Da Österreich-Ungarn nach dem Ende des 1. Weltkriegs jedoch zu den Verlierern gehörte, durften österreichische Firmen keine Waffen und Flugzeuge mehr herstellen. Steyr musste sich daher nach anderen Betätigungsfeldern umsehen. Da die Waffenschmiede nebenher Fahrräder (1927 hatte Steyr die Styria-Dürkopp-Werke übernommen) und Traktoren (ab 1915) baute und bereits Erfahrung mit Flugzeugmotoren hatte, war der Eintritt in die Automobilbranche ein logischer Schritt. 1920 waren die ersten Lastwagen und Pkws von Steyr auf den Markt gekommen. 1929 ging Ferdinand Porsche – zuvor Chefkonstrukteur von Austro Daimler und Daimler-Benz – zu Steyr, ohne jedoch dort große Spuren zu hinterlassen. Bereits 1930 verließ Porsche die Firma wieder, um in Stuttgart sein eigenes Konstruktionsbüro zu gründen.

Puch
Puch

In den 1930er Jahren nahm Steyr-Daimler-Puch die Waffenproduktion wieder auf – zunächst als Tochtergesellschaft des deutschen Waffenkonzerns Rheinmetall – und nachdem die Deutschen 1938 in Österreich eingefallen waren, als Teil der Herrmann-Göring-Werke. Während des 2. Weltkriegs entstand in Graz-Thondorf ein zweites Puch-Werk.

1945 wiederholte sich die Geschichte noch einmal: Fahrräder, Motorräder, dann Pkws und Lastwagen und ab 1950 wieder Waffen. Im Vordergrund standen nun allerdings Lastwagen, Busse und Geländefahrzeuge, die in viele Länder der Welt exportiert werden, u.a. die Geländewagen Steyr-Puch Haflinger (1959 – 1974), Steyr-Puch Pinzgauer (seit 1971) und Puch/Mercedes G, der gemeinsam mit Daimler-Benz entwickelt und seit 1979 bei Puch in Graz gebaut wird. Bei den Pkws beschränkte man sich auf Fiat-Nachbauten (1957 – 1974 Steyr-Puch 500/650/700, 1973 – 1975 Steyr-Puch 126).

1959 übernahm Steyr-Daimler-Puch die Österreichische Saurerwerke AG (Wien-Simmering), die Lastwagen, Schützenpanzer und Omnibusse nach Lizenzen der Schweizer Saurer AG produzierte. Nach der vollständigen Eingliederung in die Steyr-Daimler-Puch AG 1970 firmierte dieser Bereich als Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge GmbH. Die Produktion in Wien wurde zu dieser Zeit eingestellt.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre begann die schrittweise Auflösung der Steyr-Daimler-Puch AG. Die Fahrrad- und Motorradproduktion (Puch) wurde 1987 an die italienische Firma Piaggio (Vespa) verkauft, die Steyr-Wälzlager GmbH 1988 an SKF, die Steyr Nutzfahrzeuge AG (Steyr) ging 1990 in den Besitz der MAN Nutzfahrzeuge AG über und die Steyr Bus GmbH wurde zwischen 1990 und 1996 von der Volvo Bus Corporation gekauft, die die Bus-Produktion in Österreich 1999 einstellte. Die Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug GmbH (Schützenpanzer) und die Steyr Mannlicher GmbH (Handfeuerwaffen) wandelte man 1991 in selbstständige Aktiengesellschaften um. Die Case Corporation (seit 1999 CNH Case-New Holland) übernahm 1996 die Steyr Landmaschinentechnik GmbH (St. Valentin). Die Steyr-Daimler-Puch Fahrzeugtechnik GmbH Graz (Puch/Mercedes G, Puch Pinzgauer, Fahrzeugteile und Fahrzeuge für Fremdfirmen) gehört seit 1998 dem kanadischen Fahrzeugzulieferer Magna International (Magna-Steyr).

Die Produktion des Pinzgauer übergab die SDP Fahrzeugtechnik GmbH im Jahr 2000 an die britische Firma ATL (Automative Technik Ltd.); seit 2008 wird das Fahrzeug von BAe Land Systems OMC (vorm. Olifant Manufacturing Co.) in Benoni/Südafrika produziert. Die Steyr Spezialfahrzeuge AG (Pandur Schützenpanzer) wurde 2003 von General Dynamics (USA) übernommen.

Piaggio produzierte bis zur Jahrtausendwende noch Puch-Fahrräder und -Mopeds, gab die Markenrechte für den Fahrradbereich aber bereits 1997 an die schwedische Unternehmensgruppe Grimaldo Industri AB ab, zu der auch die Cycleurope AB gehört (Bianchi, Crescent, DBS, Everton, Gitane, Kildemoes, Monark, Puch, Spectra, Tec, Definitive, Peugeot Cycles). Seit 2012 gehört die Fahrradmarke Puch dem österreichischen Piaggio-Generalimporteur Faber GmbH; gebaut werden die Fahrräder aber weiterhin bei Cycleurope in Frankreich.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain