Markenlexikon

Motorola

Ursprungsland: USA

Die 1928 von den Brüdern Paul Vincent Galvin (1895 – 1959) und Joseph Galvin (1899 – 1944) in Chicago gegründete Galvin Manufacturing Company stellte zunächst Transformatoren her, die es erstmals ermöglichten Radiogeräte direkt an die Steckdose anzuschließen. Zuvor gab es nur Radios mit Batteriebetrieb. 1930 brachte die Firma das erste Autoradio der Welt auf den amerikanischen Markt. Entwickelt hatte es William Lear (1902 – 1978), der spätere Gründer des Flugzeugherstellers Learjet. Autoradios gab es zwar schon einige Jahre zuvor, doch handelte es sich dabei um normale Zimmergeräte, die nachträglich in Autos eingebaut wurden. Paul Galvin erfand für die Autoradios den Markennamen Motorola, der die Verbindung von »Motion« (engl. Bewegung), »Motorcar«, »Radio« und »Victrola« (nach der Plattenfirma RCA-Victor, die ihre Grammophone unter diesem Markennamen verkaufte) darstellen sollte. Mit ein bisschen Fantasie könnte man den Namen Motorola mit »Sound in Motion« übersetzen. 1947, vier Jahre nach dem Börsengang, benannte sich die Galvin Manufacturing Corporation in Motorola Inc. um.

Die Produktpalette wurde in den folgenden Jahrzehnten um Polizeifunkanlagen (1936), Heim-Radiogeräte (1937), transportable Sprechgeräte für die U.S. Army (1940), Fernsehgeräte (1948), Transistoren (1949), Zweiwege-Fahrzeugfunkgeräte (1958), Auto-Kassettenabspielgeräte (1965), mobile Polizeifunkgeräte (1967), Quarz-Uhrwerke (1972), Mikroprozessoren (1974; u.a. für Apple-, Atari-, Commodore-, HP-, Sun-Computer) und Mobilfunkgeräte (1983) erweitert.

Seit 1958 war Motorola auch einer der wichtigsten Lieferanten von Transpondern für Nachrichtensatelliten, Raumsonden und Raumschiffe. Die ersten Worte, die der Astronaut Neil Armstrong auf dem Mond sprach (»That's one small step for a man, one giant leap for mankind.«), wurden am 21. Juli 1969 von einem Motorola-Transponder auf die Erde übertragen. Auch die Bilder vom Mars, die die Viking-2-Sonde 1976 machte, sowie die Saturn-, Uranus- und Neptun-Fotografien der Raumsonden Voyager I und II (1980 – 1989) übertrugen Motorola-Transponder.

1967 brachte Motorola das erste voll mit Transistoren bestückte Farbfernsehgerät auf den amerikanischen Markt. Dieses Model wurde unter dem Markennamen Quasar (by Motorola) verkauft. Den Geschäftsbereich Radio- und Fernsehgeräte und die dazugehörigen Werke in Pontiac/Illinois, Franklin Park/Illinois und Markham/Ontario verkaufte Motorola jedoch schon 1974 an den japanischen Elektronikkonzern Matsushita Electric (National, Panasonic, Technics). Die japanische Firma Alpine Electronics, ebenfalls ein Hersteller von Audioanlagen für Autos, wurde 1967 als Jointventure von Motorola und der japanischen Alps Electric Company gegründet. Nachdem Alps Electric 1978 die Motorola-Anteile an Alps-Motorola übernommen hatte, wurde das Unternehmen in Alpine Electronics umbenannt.

Motorola
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1972/1973 entwickelten mehrere Motorola-Mitarbeiter unter Leitung von Martin Cooper den Prototypen eines Mobiltelefons (DynaTAC Portable Radiotelephone). Den ersten Anruf tätigte Cooper am 3. April 1973: triumphierend rief er Joel Engel, den Entwicklungschef des Telefonkonzerns AT&T/Bell Laboratories an. In den Bell Labs war bereits 1947 die Idee für den Mobilfunk geboren worden und von 1968 bis 1983 entwickelte man dort das analoge Mobilfunknetz Advanced Mobile Phone System (AMPS). Bevor die Funkmasten gebaut und die nötigen Genehmigungen der zuständigen Behörden erteilt worden waren, vergingen jedoch noch ganze zehn Jahre. Das erste offizielle Motorola-Handy, das 25 Zentimeter lange und 800 Gramm schwere DynaTAC 8000X, verkaufte sich 1983/1984 trotz der aus heutiger Sicht dürftigen Leistungen (eine Stunde Sprechzeit, zehn Stunden Akku-Ladezeit) und der hohen Kosten (das Gerät kostete 3.995 Dollar, die Grundgebühren betrugen 50 Dollar pro Monat, der Gesprächspreis pro Minute lag je nach Zeit zwischen 24 und 40 Cent) rund 300.000 mal. Bis 1998 war Motorola der weltgrößte Hersteller von Mobiltelefonen, danach übernahm Nokia diese Position. Den größten Erfolg konnte das Unternehmen, das seinen Hauptsitz 1976 nach Schaumburg/Illinois (45 Kilometer nordwestliche von Chicago) verlegt hatte, mit den besonders flachen und breiten RAZR-Klapphandys (2004 – 2007) erzielen; schon zwei Jahre nach der Markteinführung waren vom ersten RAZR-Modell V3 weltweit 50 Millionen Exemplare verkauft worden.

Ab 1985 entwickelte Motorola das weltumspannende Satelliten-Kommunikationssystem Iridium, das am 1. November 1998 in Betrieb genommen wurde. Das erste Gespräch tätigte der damalige US-Vizepräsident Al Gore. Mit den Satellitentelefonen des Iridium-Systems konnte auch in sehr abgelegenen Gebieten telefoniert werden, was vor allem für wissenschaftliche Expeditionen, Reedereien, Fluglinien, Explorationsfirmen oder Regierungsinstitutionen interessant ist. Motorola und andere Technologiefirmen investierten rund fünf Milliarden Dollar in das Netz. Hohe Kosten für die Satellitentelefone (3000 Dollar) und die Gesprächsminuten (7 Dollar) schreckten jedoch potentielle Kunden ab. Lediglich rund 55.000 Nutzer konnten gewonnen werden; geplant hatte man mit zwei Millionen. Im August 1999 musste die 1991 gegründete Betreibergesellschaft Iridium, an der zahlreiche internationale Konzerne (Motorola, Lockheed-Martin, o.tel.o, Raytheon, Sprint, STET Group) beteiligt waren, Insolvenz anmelden. Hauptinvestor Motorola zog sich anschließend aus dem Projekt zurück, stellte aber weiterhin die Satellitentelefone für das Sysem her. Zunächst sollten die 66 Satelliten gezielt zum Verglühen gebracht werden; auf Druck des US-Verteidigungsministeriums und des Militärs, die das Netz intensiv nutzten, übernahm Boeing schließlich Anfang 2001 den Betrieb und die Wartung der Satelliten, nicht jedoch die neue Firma Iridium Satellite (heute Iridium Communications).

2011 teilte sich Motorola in zwei Unternehmen auf: Motorola Solutions (Schaumburg/Illinois) ist auf Behörden wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, Katastrophenschutz, Zivilschutz oder Zoll spezialisiert (u.a. Handfunk- und Fahrzeugfunkgeräte, mobile Computer, Videosicherheits- und Videoanalyselösungen), Motorola Mobility (Libertyville/Illinois) widmete sich Privatkunden (u.a. Mobiltelefone, Smartphones, Android-Tablets, Schnurlostelefone, DSL-Modems/Gateways, Set-Top-Boxen für Fernsehgeräte). Die meisten anderen Aktivitäten waren zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt, verkauft oder ausgegliedert worden (1974 Radio-/Fernsehgeräte, 1987 Autoradios, 2001 Integrated Information Systems, 2004 Mikroprozessoren, 2006 Automotive-Electronics, 2008 Biometrische Sicherheitssysteme, 2011 Netzwerksparte).

2011/2012 erwarb der Internet-Konzern Google, der zu den Hauptentwicklern des Betriebssystems und der Software-Plattform Android (für Smartphones, Mobiltelefone, Netbooks, Tablets) gehört, Motorola Mobility. Googles Interesse lag dabei vor allem an dem umfangreichen und wertvollen Patent-Portfolio von Motorola. 2013 verkaufte Motorola Mobility seine Auslandsfabriken in Tianjin (China) und Jaguariuna (Brasilien) an den ursprünglich aus Kalifornien stammenden Auftragsfertiger Flextronics International, der seinen Firmensitz später nach Singapur verlegt hatte. Das Moto X, das damalige Flaggschiff von Motorola, produzierte Flextronics von 2013 bis 2014 in der früheren Nokia-Fabrik (bis 2006) in Dallas-Forth Worth/Texas; es war das erste Smartphone überhaupt, das in den USA produziert wurde. Da sich das Moto X aber in den USA nicht gut genug verkaufte, um die höheren Kosten aufzufangen, beendete man das Experiment schon nach einem knappen Jahr wieder. 2014 verkaufte Google Motorola Mobility an den chinesischen Computerkonzern Lenovo, der rund zehn Jahre zuvor die PC-Sparte von IBM erworben hatte.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain