Markenlexikon

Kempinski

Ursprungsland: Deutschland

Der Weinhändler und Gastronom Moritz Kempinski (1835 – 1910) gründete 1862 in Breslau eine Wein-Großhandlung, in die sein jüngerer Bruder Bruder Berthold (1843 – 1910) 1864 eintrat. 1872 gingen Berthold und seine Frau Helene (1855 – 1932) nach Berlin, wo sie in der Friedrichstraße 176 ein eigenes Weingeschäft eröffneten, das bald zum Weinrestaurant ausgebaut wurde. Von seinem Bruder bekam Berthold die Genehmigung, den Firmennamen M. Berthold & Co. auch in Berlin zu führen. 1889 entstand ein weiteres Luxusrestaurant in der Leipziger Straße 25 mit 2500 Plätzen. Da die Kempinskis keine männlichen Erben hatten, wurden Richard Unger (1866 – 1947), der Schwiegersohn des Firmengründers, und sein Neffe Hans Kempinski in den Jahren 1900 und 1901 Miteigentümer der OHG M. Berthold & Co. 1924 kamen mit Richards Sohn Friedrich-Wolfgang Unger (1901 – 1955) sowie seinem Neffen Walter Unger (1894 – 1944) zwei weitere Gesellschafter hinzu. 1926 entstand ein drittes Restaurant und Feinkostgeschäft am Kurfürstendamm, dort wo heute das Hotel Bristol steht. 1928 übernahm Kempinski das »Haus Vaterland« am Potsdamer Platz zur Bewirtschaftung, einen vieretagigen Gourmet-Tempel, mit verschiedenen Restaurants, Cafés, Bars, Delikatessen-Geschäften und Tanzsälen, der den Namen Kempinski deutschlandweit bekannt machte. 1930 erwarb die Berliner Firma auch das Unternehmen in Breslau, das ebenfalls als Weinrestaurant und Feinkostladen weitergeführt wurde. Daneben entstanden auch zwei Kempinski-Ableger in Amsterdam (1921) und in New York (1932), die sich allerdings nur mit dem Handel von Weinen, Spirituosen und Delikatessen beschäftigten.

1937 arisierten die Nationalsozialisten das Unternehmen – die jüdischen Familien Kempinski und Unger mussten Deutschland verlassen und ihre Anteile an Paul Spethmann, den Finanzdirektor des Restaurant- und Hotelkonzerns Aschinger AG (Café Kranzler, Café Bauer, Centralhotel, Hotel Baltic, Hotel Bristol, Hotel Bellevue, Hotel Fürstenhof, Hotel Kaiserhof, Palasthotel) und Werner Steinke einem früheren Kempinski-Angestellten, verkaufen. Walter Unger blieb noch ein Weile Geschäftsführer, damit die neuen Eigentümer nach außen hin den Eindruck erwecken konnten, dass Kempinski weiterhin jüdisch sei. 1944 kam er jedoch ins Konzentrationslager Auschwitz, wo er ermordet wurde. Die M. Kempinski & Co. Weinhandel und Handelsgesellschaft mbH firmierte ab 1941 als F.W. Borchardt Weinhaus und Handelsgesellschaft mbH (ab 1943 als F.W. Borchardt GmbH).

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs kehrte Friedrich Wolfgang Unger nach Berlin zurück und eröffnete 1952 auf dem Ku'damm 27 das Kempinski Hotel Bristol; das alte Hotel Bristol, das sich Unter den Linden 65 befand, war 1943 bei einem Luftangriff zerstört worden. Doch bereits 1953 verkaufte Unger seine Anteile an der neu gegründeten M. Kempinski & Co. GmbH an die Berliner Hotelbetriebs-Aktiengesellschaft, ein Unternehmen das zwischen 1926 und 1935 zum Aschinger-Konzern gehört hatte. Neuer Vorstandsvorsitzender der Hotelbetriebs-AG wurde der frühere Arisierer Paul Spethmann. Seit dieser Zeit konzentrierte sich Kempinski nur noch auf den Bau, den Erwerb und Betrieb von Hotels. Mit dem Kauf des Hamburger Hotels Atlantic, das zuvor der Hapag-Reederei gehört hatte, kam die Hotelbetriebs-AG 1957 in den Besitz eines zweiten Hotels. 1970 wurde die Hotelbetriebs-AG in Kempinski Hotelbetriebs-AG (ab 1977 Kempinski AG) umbenannt; zur gleichen Zeit beteiligte sich das Unternehmen mit 50 Prozent am Hotel »Vier Jahreszeiten« in München, an dem auch die Lufthansa beteiligt war. 1976 übernahm Kempinski mit dem Hotel Gravenbruch in Neu-Isenburg ein weiteres Hotel.

1985 beteiligte sich die Deutsche Lufthansa AG an der Kempinski AG, was das Unternehmen in Lage versetzt, auch im Ausland Hotels zu betreiben. Für den Aufbau der Auslandsaktivitäten gründeten Kempinski, Lufthansa und die Rolaco Holding 1986 die Kempinski Hotels S.A. mit Sitz in Genf und Frankfurt/Main (1993 übernahm die Kempinski AG dieses Unternehemen vollständig). Infolge der Luftverkehrskrise Anfang der 1990er Jahre verkaufte die Lufthansa ihre Kempinski-Anteile 1992 und 1994 an die Frankfurter Investmentfirma Advanta Management AG, die sie kurz darauf an das thailändische Unternehmen Dusit-Sindhorn, ein Jointventure von Dusit Hotels & Resorts und der Immobiliengesellschaft Siam Sindhorn, weiterreichte. Da sich die Partner über die weitere Strategie und Finanzierung der deutschen Hotelgruppe nicht einigen konnten, stieg Dusit 1997/1998 wieder aus und verkaufte seine Kempinski-Anteile an Siam Sindhorn; Hauptaktionär von Siam Sindhorn ist das staatliche Crown Property Bureau of Thailand (CPB), hinter dem die thailändische Königsfamilie steht. Seit 2017 ist das Königreich Bahrein, das bereits seit längerem an Kempinski beteiligt war, Mehrheitsaktionär; das CPB hält nur noch einen Anteil von rund 30 Prozent.

Kempinski betreibt heute weltweit rund 75 Hotels (u.a. Adlon Berlin, Çırağan Palace Palace Hotel Istanbul, Emirates Palace Abu Dhabi, Grand Hotel des Bains St. Moritz, Grand Hotel Heiligendamm, Great Wall Peking, Hotel Atlantic Hamburg, Hotel Vier Jahreszeiten München), außerdem weiträumige Ferienresorts (Argentinien, Bulgarien, China, Deutschland, Emirate, Italien, Jordanien, Kuwait, Malta, Schweiz, Sansibar, Spanien, Türkei, Uruguay). Kempinski arbeitet fast nur noch auf Basis von Management- und Pacht-Verträgen; lediglich das »Vier Jahreszeiten« in München befindet sich im Besitz des Unternehmens. 2004 gehörte Kempinski zu den Gründern der Global Hotel Alliance (Dusit, Kempinski, Landis, Marco Polo, Omni, Pan Pacific, The Leela).

Text: Toralf Czartowski