Markenlexikon

Island Records

Ursprungsland: Großbritannien

Christopher Percy Gordon (Chris) Blackwell (* 1937) gründete die Plattenfirma Island Records 1958 im Alter von 22 Jahren auf Jamaika; das Geld für die Gründung (10.000 Dollar) lieh er sich von seinen Eltern. Sein Vater Joseph war ein Verwandter von Thomas Blackwell, dem Gründer des britischen Nahrungsmittelherstellers Crosse & Blackwell. Der Name Island Records war von Alec Waughs Buch »Island in the Sun« (1955) sowie dem gleichnamigen Film und Harry-Belafonte-Song von 1957 inspiriert. An der Gründung waren auch der Produzent Leslie Kong (1933 – 1971) und der Toningenieur Graeme Goodall (1932 – 2014) beteiligt, jedoch kaufte Blackwell die Anteile der beiden schon Ende der 1960er Jahre auf.

Die erste Platte, die Island veröffentlichte, war ein Album des Jazzpianisten Lance Hayward. 1961 arbeitete Blackwell als Location Scout und Produktionsassistent für den ersten James-Bond-Film »Dr. No«, der teilweise auf Jamaika gedreht wurde. Produzent Harry Saltzman bot ihm daraufhin einen Vollzeitjob an, doch Blackwell entschied sich nach einigem Zögern gegen eine Karriere beim Film, um sein Plattenlabel weiter aufbauen zu können. 1962 verlegte er den Sitz der Firma nach London, in das Zentrum der europäischen Musikindustrie. Der erste Hit in den beiden wichtigsten Charts (US-Billboard, UK Singles Charts) gelang Island 1964 mit »My Boy Lollipop« von Millie Small.

1964 entdeckte Blackwell in einem Club in Birmingham die Spencer Davis Group, die damals aus Spencer Davis, Steve Winwood, Muff Winwood und Pete York bestand. Blackwell nahm sie unter Vertrag und wurde ihr Produzent. Der Band gelangen in den 1960er Jahren mehrere Charts-Erfolge in Großbritannien (1965 »Keep On Running«; 1966 »Somebody Help Me«, »When I Come Home«, »Gimme Some Loving«; 1967 »I’m A Man«), außerdem einige sehr gute Alben. Auch Steve Winwoods nächste Band Traffic blieb bei Island unter Vertrag.

Die Island-Platten wurden anfangs von den Philips-Sublabels Fontana und Vertigo vertrieben (in den USA von United Artists Records und Atlantic/Atco), während Island selbst zeitweise den Vertrieb für die Independent-Labels Chrysalis Records, Bronze Records, E.G. Records, Stiff Records, Sue Records, Trojan Records, Virgin Records und ZTT Records übernahm.

Zu den erfolgreichsten Musikern, die Island unter Vertrag hatte, oder mit deren Plattenfirmen Vertriebsabkommen bestanden, gehörten u.a. Amy Winehouse, Bad Company, Bob Marley and The Wailers, Cat Stevens, Frankie Goes To Hollywood, Grace Jones, Emerson, Lake & Palmer, Fairport Convention, Jethro Tull, Justin Bieber, King Crimson, Melissa Etheridge, Robert Palmer, Roxy Music, The Cranberries, Tom Waits, U2 und Ultravox.

1983 gründete Blackwell die Filmproduktions- und Verleihfirma Island Alive und zweigte dafür Geld von der Plattenfirma ab, was einige Jahre später zu finanziellen Schwierigkeiten führte. Als Blackwell der Band U2, die seit 1980 bei Island unter Vertrag stand, die Lizenzgebühren für das sehr erfolgreiche Album »The Joshua Tree« nicht bezahlen konnte, bekam die Band dafür einen Anteil von rund 10 Prozent an Island Records.

1989 verkaufte Blackwell Island Records und den dazugehörigen Musikverlag Island Music schließlich an die Philips-Tochter PolyGram, blieb aber noch bis 1997 in leitender Position seiner ehemaligen Firma. Anschließend gründete er erneut eine Filmfirma (Palm Pictures) und baute in Jamaika und Miami Beach eine kleine Kette von Luxushotels auf (Island Outpost), zu der auch das ehemalige Anwesen des James-Bond-Schriftstellers Ian Fleming gehört (Goldeneye Estate Oracabessa/Jamaika), das Blackwell 1977 von Bob Marley erworben hatte. Blackwells Mutter Blanche war mit Fleming bis zu dessem Tod liiert gewesen.

1998 verkaufte Philips die PolyGram N.V. (A&M, Casablanca, Deutsche Grammophon, Decca London, Def Jam, Fontana, Interscope, Island, Mercury, Metronome, Motown, Philips Classics, Phonogram, Polar, Polydor, PolyGram, PolyStar, Rodven, RSO, Sonet, Vertigo, Vanguard, Verve) an den kanadischen Spirituosenkonzern Seagram, dem bereits die Universal Studios (Universal Pictures) und die Universal Music Group (Decca Nashville, Geffen Records, GRP Records, MCA Records) gehörten. Seagram integrierte die PolyGram-Labels daraufhin in die Universal Music Group.

Island Records wurde zunächst ein Teil der Island Def Jam Music Group, die aus den Labels Island Records, Def Jam Recordings, Mercury Records, Motown (ab 2011) und einigen kleineren Labels bestand. Seit 2014 sind Island Records und Def Jam Recordings wieder selbstständige Labels innerhalb der Universal Music Group; Motown wurde der Capitol Music Group zugeschlagen, die Universal Music erst 2012 infolge der EMI-Zerschlagung erworben hatte. Niederlassungen von Island Records gibt es in Großbritannien (London), den USA (New York, Santa Monica) und seit 2007 in Australien (Sydney).

Text: Toralf Czartowski