Markenlexikon

Dow

Ursprungsland: USA

Dem kanadischen Chemiker Herbert Henry Dow (1866 – 1930) gelang es 1891 erstmals, Brom aus Salzwasser zu gewinnen. 1897 gründete er in Midland/Michigan, wo es größere Solelagerstätten gab, die Dow Chemical Company. Das Unternehmen stellte zunächst Bromide und Chlor her, später auch Agrarchemikalien (ab 1906), Kalziumchlorid, Magnesiumchlorid, metallisches Magnesium, Magnesiumoxychloridkleber, Magnesiumsulfat (alle ab 1913), Ethylzellulose (1935), Polystyrol (1937), Silikone (ab 1943), Haushaltsfolien (ab 1953) und Pflanzenschutzmittel (ab 1972).

Für die Silikon-Produktion gründeten Dow Chemical und der Glashersteller Corning 1943 das Jointventure Dow Corning Inc., das 2016 vollständig von Dow Chemical übernommen wurde. In den Werken Midland/Michigan (ab 1945) und Hemlock/Michigan (ab 1961) werden u.a. hochreines Polysilizium (für die Halbleiter- und Solarindustrie), Schmierstoffe (nach Übernahme des Schmierstoffhersteller Alpha-Molykote 1964), silikonbasierte Dichtmassen, Kleber, Elastomere, Dämmstoffe, Imprägniermittel, pharmazeutische Produkte, Flüssigsilikone und Silikonwachse hergestellt.

In den 1960er Jahren gehörte Dow Chemical neben Agriselect, Diamond-Shamrock, Hercules Powder, Hoffman-Taff Chemicals, Monsanto, Thompson Chemical und Thompson-Hayward Chemical und U.S. Rubber (Uniroyal) zu den Herstellern des Entlaubungsmittels Agent Orange, das von den US-Streitkräften im Vietnam-Krieg eingesetzt wurde, um die Tarnung der Guerillaorganisation NFB (Nationale Front für die Befreiung Südvietnams; auch als Vietcong [= Vietnamesischer Kommunist] bekannt) im dichten Dschungel zu erschweren und Verstecke sowie Versorgungswege aufzudecken. Da das Herbizid jedoch herstellungsbedingt das hochgiftige Dioxin TCDD (2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin) enthielt, erkrankten hunderttausende Bewohner der betroffenen Gebiete und US-Soldaten, die dem Gift ausgesetzt waren, u.a. an schweren Organschäden, Gehirnschäden, Leukämie, verschiedenen Krebsarten, Nervenleiden, Diabetes und Parkinson. TCCD ist die gleiche Chemikalie, die 1976 in der norditalienischen Stadt Seveso zum Seveso-Unglück führte. Zu den Spätfolgen zählen u.a. Fehlbildungen und geistige Behinderungen bei den Nachkommen. Bis heute ist TCDD in Vietnam im Nahrungskreislauf und führt noch immer zu schweren Missbildungen bei Neugeborenen sowie zu Krebs und Erbgutveränderungen. 1984 wurden Dow Chemical von einem US-Gericht zu Schadensersatzzahlungen an ehemalige amerikanische Soldaten in Höhe von 180 Millionen Dollar verurteilt. Vietnamesische Opfer wurden bis heute nicht entschädigt. Auch das ebenfalls in Vietnam verwendete Brandmittel Napalm (Naphthensäure + Palmitinsäure) wurde größtenteils von Dow Chemical hergestellt. Napalm klebt an der Haut und lässt sich nur schwer mit Wasser löschen, da sich die Masse nicht mit Wasser vermischt, sondern Wasser an der Oberfläche abperlen lässt.

Von 1980 bis 1995 war Dow Chemical auch als Pharmahersteller tätig (1980 Übernahme Pharmageschäfts des Wick-Herstellers Richardson-Merrell, 1989 Übernahme von Marion Laboratories). Dieser Bereich, der zuletzt als Marion-Merrell-Dow firmierte, wurde 1995 an Hoechst (heute Sanofi) verkauft.

1994 erwarb Dow Chemical die drei ostdeutschen Chemiefirmen Buna Schkopau, Sächsische Olefinwerke Böhlen (SOW) und Leuna Polyolefine Merseburg, die zu einem neuen Unternehmen zusammengeschlossen wurden (Dow Olefinverbund GmbH Schkopau). Die Werksanlagen in Leuna (bei Merseburg) waren 1916/17 vom Chemiekonzern BASF zur Produktion von Ammoniak, Methanol und synthetischen Treibstoffen errichtet worden, die IG-Farben-Anlagen in Schkopau zur Produktion des 1927 von Karl Waldemar Ziegler entwickelten synthetischen Kautschuks Buna (Butadien + Natrium).

1997 erwarb Dow Chemical das 1989 mit Eli Lilly gegründete Jointventure Dow Elanco (Pflanzenschutz), das daraufhin in Dow CropScience (Indianapolis/Indiana) umbenannt wurde. Die größte Akquisition war im Jahr 2000 die Übernahme der Union Carbide Corporation. 2008 erwarb Dow Chemical die Spezialchemiefirma Rohm and Haas aus Philadelphia/Pennsylvania. Das Unternehmen war 1907 von dem deutschen Chemiker Otto Röhm und dem Kaufmann Otto Haas in Esslingen gegründet worden. Weltweite Bekanntheit erlangte Röhm & Haas durch den glasklaren organischen Kunststoff Polymethacrylat, der 1933 unter dem Markennamen Plexiglas auf den Markt kam.

Im August 2017 schlossen sich die The Dow Chemical Company und die E.I. du Pont de Nemours & Company (DuPont) zur DowDuPont Inc. (Wilmington/Delaware) zusammen. Die neue Holdinggesellschaft umfasste die drei Sparten Agriculture (Agrarchemikalien), Materials Science (Kunststoffe) und Specialty Products (Spezialchemikalien), aus denen bis 2019 drei neue Unternehmen entstanden: Corteva Inc. (Agriculture), Dow Inc. (Materials Science) und DuPont de Nemours Inc. (Specialty Products).

Text: Toralf Czartowski

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