Markenlexikon

Daimler

Ursprungsland: Großbritannien

Frederick Richard Simms (1863 – 1944) erwarb 1891 die Rechte zum Bau von Daimler-Motoren in Großbritannien und seinen Kolonien (außer Kanada). 1893 gründete er in Coventry die Daimler Motor Syndicate Limited, in deren Vorstand auch Gottlieb Daimler saß. Simms baute die Daimler-Motoren in Boote ein, so wie es Gottlieb Daimler und sein Konstrukteur Wilhelm Maybach bereits 1886 vorgemacht hatten. 1895 überließ Simms die Konzession Harry John Lawson (1852 – 1925), der ein Jahr später die Daimler Motor Company Limited ins Leben rief. Im Januar 1897 brachte Daimler den ersten eigenen Wagen auf den Markt, einen Nachbau des französischen Herstellers Léon Bollée mit Panhard-Motoren und dann, ab März 1897, mit Daimler-Motoren aus Deutschland.

1898 trennten sich die Wege von Daimler Deutschland und Daimler Großbritannien. Im gleichen Jahr erwarb der spätere König Edward VII. einen Daimler 22HP und erhob die Marke damit in den »Adelsstand«, lange bevor Rolls-Royce oder Bentley diesen Stand erreichten. Ab 1910 befand sich Daimler England im Besitz des Waffen-, Automobil- und Motorradherstellers British Small Arms Company (BSA). Während des 1. Weltkriegs produzierte das Unternehmen vor allem Armeefahrzeuge, Lastwagen und Flugzeugmotoren. Nach Kriegsende wurden die Lastwagenchassis auch für den Bau von Doppeldeckerbussen verwendet. Daimler gehörte bis 1973, als die Busproduktion an British Leyland abgegeben wurde, neben AEC (Associated Equipment Company), Bristol Commercial Vehicles, Leyland und MCW (Metro Cammell Weymann) zu den führenden britischen Busherstellern.

1926 kam der Daimler Double-Six auf den Markt, der erste europäische Serienwagen mit Zwölfzylindermotor. 1931 übernahm Daimler England die Lanchester Motor Company, die 1899 von den Brüdern Frederick, George und Frank Lanchester in Coventry gegründet woden war. Zu den Kunden der eleganten Lanchester-Fahrzeuge, die bis 1911 kein Lenkrad sondern einen Lenkhebel hatten, gehörten u.a. die Schriftsteller Rudyard Kipling und George Bernard Shaw sowie mehrere indische Fürsten und die englische Königsfamilie. Bis zur Einstellung der Marke 1956 waren die Lanchester-Fahrzeuge nur noch preiswerte Daimler-Varianten mit einem veränderten Kühlergrill.

Daimler
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In dieser Zeit verlor Daimler auch seine Stellung als offizieller königlicher Hoflieferant. Dafür gab es mehrere Gründe. Erstens hegte die neue Königin Elizabeth II. schon vor ihrer Krönung eine Vorliebe für Rolls-Royce-Fahrzeuge (1950 hatte Rolls-Royce für Prinzessin Elizabeth und Prinz Philip den Phantom IV entwickelt), zweitens führten der damalige Daimler-Chef Sir Bernard Docker und seine Frau Norah Collins ein ziemlich extravagantes Leben, das bei der Königsfamilie auf Missfallen stieß, und drittens war 1950 einer der königlichen Daimler mit einem Getriebeschaden liegengeblieben. Einzelne Mitglieder der Königsfamilie fuhren jedoch auch weiterhin privat Daimler-Fahrzeuge, z.B. die Mutter der Königin (Daimler DS420) oder auch die Königin selbst (ab 2002 Daimler Super V8).

1960 verkaufte der BSA-Konzern, der die eigene Autoproduktion schon 1940 eingestellt hatte und nun zu den größten Motorradherstellern der Welt zählte (Ariel, BSA, Sunbeam, Triumph), die Daimler Motor Company an Jaguar Cars, was dazu führte, dass die besonders luxuriös ausgestatteten Jaguar-Modelle fortan als Daimler verkauft wurden. Jaguar selbst gehörte von 1966 bis 1982 zum British-Leyland-Konzern (Alvis, Austin, Land-Rover, Leyland, MG, Mini, Morris, Riley, Triumph, Wolseley); 1989 wurde Ford neuer Eigentümer von Jaguar/Daimler. 2007, als sich die DaimlerChrysler AG von Chrysler trennte und in Daimler AG umbenannte, verkaufte Ford die Nutzungsrechte an dem Namen Daimler (als Handels- und Firmenbezeichnung, nicht als Markenname für Autos) für 20 Millionen Dollar an die Daimler AG. 2008 veräußerte Ford seine beiden britischen Tochtergesellschaften Jaguar Cars (inkl. der Markennamen Daimler und Lanchester) und Land-Rover an den indischen Tata-Konzern. Anfang 2009 wurde die Produktion der Daimler-Fahrzeuge eingestellt. Eine spätere Wiederbelebung der Marke schließt Tata allerdings nicht aus.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain