Markenlexikon

AT&T

Ursprungsland: USA

Als Erfinder des Telefons gilt der deutsche Lehrer Johann Philipp Reis (1834 – 1874). Sein 1861 entwickeltes Gerät war jedoch noch unvollkommen, sodass niemand recht Notiz davon nahm. Reis verschickte danach die Konstruktionspläne seines »Telephons«, wie er es nannte, in alle Welt. Einen bekam auch Thomas Alva Edison (1847 – 1931), der das Gerät kurzerhand nachbaute. Da jedoch auch er es nicht sonderlich verbessern konnte, stellte er die Arbeiten daran bald wieder ein.

Erst der US-Elektrotechniker Elisha Gray (1835 – 1901) und vor allem der aus Schottland stammende Alexander Graham Bell (1847 – 1922), der sich als Taubstummenlehrer intensiv mit Sprachschwingungen beschäftigt hatte, entwickelten 1876 ein brauchbares Telefon. Wenige Stunden vor Gray meldete Bell sein Telefon zum Patent an und bot es der Western Union Telegraph Company vergeblich zum Kauf an. Erst als er es auf der Weltaustellung in Philadelphia ausstellte, interessieren sich breitere Kreise für das neue Gerät, vor allem der brasilianische Kaiser Pedro II., dessen spontanem Ausruf »Mein Gott, es spricht« es zu verdanken war, dass das Publikum überhaupt auf Bells Stand aufmerksam wurde. Nachdem Edison und Gray das Telefon für die Western Union verbessert hatten, kam es zwischen der 1877 in Boston gegründeten Bell Telephone Company und Western Union zu einem jahrelangen, erbitterten Kampf um die Patente von Gray, Bell und Edison.

Schließlich einigten sich die Konkurrenten 1879 und die Bell Telephone Company übernahm das Telefonnetz der Western Union und 1881 auch den 1872 von Enos Barton und Elisha Gray in Chicago gegründeten Western-Union-Gerätehersteller Western Electric Manufacturing Company, der nun für viele Jahre zum Hauslieferanten von Bell wurde. Western Union spezialisierte sich daraufhin auf Geldanweisungen und Telegramme. Im Gegenzug gab Bell sein Telegrafengeschäft an die Western Union ab und verpflichtete sich, keine Börsenkurse und Geschäftsmitteilungen über die Telefone zu übermitteln. Für den Aufbau eines einheitlichen Telefonnetzes in den USA, gründete die bis dahin nur regional tätige Bell Telephone Company 1885 die American Telephone and Telegraph Company (AT&T). 1899 wurde AT&T die Führungsgesellschaft aller regionalen Bell-Unternehmen. Während AT&T für den Fernsprechverkehr zuständig war und Western Electric für die Geräte, beschäftigten sich die Bell-Gesellschaften mit der Abwicklung des regionalen Telefonverkehrs in bestimmten Bundesstaaten und Regionen.

Aus den Ingenieursabteilungen von AT&T und Western Electric entstand 1907 in Murray Hill/New Jersey der Vorgänger der berühmten Bell Laboratories (erst ab 1926 führte es diesen Namen). Hier wurden später mehrere bahnbrechende Erfindungen gemacht (u.a. 1925 elektrisches Aufnahmeverfahren mit Kondensator-Mikrofon, Röhrenverstärker, Magnet-Schneidedose, Magnet-PicUp, Leistungsverstärker und Lautsprecher; 1947 Transistor; 1954 Silizium-Solarzelle; 1957/1960 Grundlagen für den Laser; 1960 Modem; 1962 LED Light Emitting Diode, der erste Nachrichten- und TV-Satellit Telstar 1; 1969/1971 Multi-User-Computer-Betriebssystem Unix; 1974 Computer-Programmiersprache »C«).

Bis in die frühen 1980er Jahre besaß AT&T ein von der Regierung geduldetes Monopol auf dem US-Telefonmarkt. Erst 1984 wurde der Konzern von der staatlichen Kartellbehörde in sieben selbstständige regionale Telefongesellschaften aufgeteilt (Ameritech, BellAtlantic, BellSouth, Nynex, Pacific Telesis, Southwestern Bell, US West). AT&T musste sich nun auf die Vermittlung von Ferngesprächen und die Produktion von Telekom-Ausrüstungen beschränken. Der Gerätehersteller Western Electric wurde daraufhin in die neugegründete Tochtergesellschaft AT&T Technologies – ab 1995 Lucent Technologies – eingegliedert. Die meisten der sogenannten »Baby Bells« schlossen sich in den nächsten Jahren wieder wieder zusammen: BellAtlantic/Nynex (1996), SBC/Pacific Telesis Group (1997), SBC/Ameritech (1999) und BellAtlantic/GTE (1999; neuer Name: Verizon Communications).

Um auch in den lukrativen EDV-Markt einsteigen zu können, was dem Konzern in den 1950er Jahren von der US-Kartellbehörde verboten worden war, übernahm AT&T 1991 den Computer-Hersteller NCR (National Cash Register Company). Doch bereits 1996 teilte sich AT&T wieder in drei Unternehmen auf: AT&T Corporation (Telefonnetze), NCR Corporation (Computer, Kassensysteme) und Lucent Technologies inkl. der Bell Laboratories (Geräteherstellung). 2004 verkaufte AT&T seine Mobilfunksparte AT&T Wireless Services an das SBC/BellSouth-Jointventure Cingular Wireless.

2005 wurde AT&T von SBC Communications (San Antonio/Texas) übernommen. Die Southwestern Bell Corporation (ab 1995 SBC Communications Inc.) war eins der 1984 von AT&T abgespalteten Regionalunternehmen. SBC gehörte seit 1997 mit der Pacific Telesis Group (inkl. Pacific Bell) noch eine weitere Baby-Bell-Gesellschaft. Das fusionierte Unternehmen führt nun den Namen AT&T Inc., der in den USA einen sehr hohen Bekanntheitsgrad hat. 2006 erwarb AT&T die drittgrößte US-Telefongesellschaft BellSouth Corporation (Atlanta/Georgia), ebenfalls ein Baby Bell, und wurde damit wieder zur größten US-Telefongesellschaft. Der AT&T-Hauptsitz befindet sich seit 2008 in Dallas/Texas. Lucent Technologies schloss sich 2007 mit dem französischen Telekomausrüster Alcatel zusammen (Alcatel-Lucent wurde 2015 von Nokia übernommen).

2018 erwarb AT&T den Medienkonzern TimeWarner (CNN, HBO, TNT, Turner, Warner Bros.), der anschließend in Warner Media umbenannt wurde. Die Verlagssparte Time Inc. (Entertainment Weekly, Fortune, In Style, Money, People, Sports Illustrated, Teen People, Time Magazine) war bereits 2014 verselbstständigt worden. 2021 vereinbarten AT&T und die Discovery Inc., die Muttergesellschaft des Discovery Channels, WarnerMedia aus dem AT&T-Konzern als unabhängiges Unternehmen auszugliedern und mit Discovery zusammenzuschließen. Eigentümer der neuen Warner Bros. Discovery Inc. wurden dadurch die Aktionäre von AT&T (71 Prozent) und Discovery (29 Prozent).

Text: Toralf Czartowski