Markenlexikon

Alcatel

Ursprungsland: Frankreich

Die 1872 gegründete Maschinenfabrik Société Alsacienne de Constructions Méchaniques (SACM) aus Belfort, ein Hersteller von Dampf-, Diesel- und Elektrolokomotiven, produzierte in den 1950er und 1960er Jahren auch Atomreaktoren, u.a. für das erste französische Kernkraftwerk Marcoule (1952 – 1956) rund 30 Kilometer nördlich von Avignon. Die Sparten Atomkraftwerke und Elektronik wurden 1963 in der Société Alsacienne de Construction Atomiques, de Télécommunications et d'Electronique (Alcatel) zusammengefasst. Partner bei diesem Jointventure war die Société Alsacienne d' Electronique et de Mécanique Appliquée (SAEMA), die u.a. Torpedos für die französische Marine produzierte.

1968 ging SACM/Alcatel in den Besitz des führenden französischen Elektro- und Telekomkonzerns Compagnie Générale d'Electricité (CGE) über. CGE war 1898 von dem Elektroingenieur Pierre Azaria (1865 – 1953) als französisches Gegenstück zum deutschen Elektrokonzern AEG und zur US-amerikanischen General Electric Company (GE) in Paris gegründet worden. 1969 erwarb die CGE auch Alsthom, ein 1928 von der SACM und der Compagnie Française Thomson-Houston gegründetes Jointventure, das 1945 ganz von Thomson-Houston übernommen worden war. Aus dem Zusammenschluss der Telekommunikationsabteilungen von CGE (CIT Compagnie Industrielle des Télécommunications) und Alcatel entstand 1970 die CIT-Alcatel S.A. Von 1969 bis 1972 entwickelte Alsthom den Hochgeschwindigkeitszug TGV (Train á Grande Vitesse). 1976 erwarb CGE das Schiffbauunternehmen Chantiers de l'Atlantique, das anschließend als Alsthom Atlantique firmierte. 1982 wurde CGE verstaatlicht, jedoch bereits 1987 wieder privatisiert. 1983 übernahm CGE die Telekomsparte von Thomson (Thomson Télécommunications), die 1985 mit CIT-Alcatel zusammengeschlossen wurde.

1986 erwarb CGE die Telekommunikationsaktivitäten des US-Mischkonzerns International Telephone and Telegraph Corporation (ITT). Das neue Dachunternehmen firmierte aus aktienrechtlichen Gründen unter dem Namen Alcatel N.V. und hatte seinen Firmensitz in den Niederlanden. Anfangs war ITT noch mit 37 Prozent an Alcatel beteiligt (CGE: 55,6 Prozent), nach und nach reduzierte man den Anteil jedoch auf ein Minimum. 1997 verkaufte ITT die letzten Alcatel-Alsthom-Anteile.

1989 gründeten die britische General Electric Company (G.E.C.), die mit dem gleichnamigen US-Konzern General Electric (GE) nichts zu tun hatte, und Alsthom das Jointventure GEC-Alsthom, das die beiden Sparten Transport (Schienenfahrzeuge, Schiffbau) und Kraftwerke übernahm. 1991 benannte sich CGE in Alcatel-Alsthom Compagnie Générale d'Electricité um. 1998 verkauften Alcatel-Alsthom und G.E.C. (seit 2000 Marconi) ihre Anteile an dem Jointventure GEC-Alsthom. Das abgespaltete Unternehmen nannte sich Alstom S.A. – nun in der neuen Schreibweise ohne »h«. Alcatel beschäftigte sich nur noch mit Telekom-Technik.

1998 wurden die Defence-Electronics-Sparten von Alcatel, Dassault (Dassault Électronique) und Thomson-CSF zusammenschlossen. Aus dem Satellitengeschäft von Aérospatiale, Alcatel und Thomson-CSF entstand Alcatel Space. Die Hauptanteilseigner von Thomson-CSF waren zu dieser Zeit der französische Staat sowie Alcatel und Dassault. Im Jahr 2000 übernahm Thomson-CSF die britische Racal Electronics plc und benannte sich anschließend in Thales S.A. um (nach dem griechischen Philosophen Thales von Milet). 2006 verkaufte Alcatel – damals noch ein Thales-Anteilseigner – seine Anteile an dem erst ein Jahr zuvor gegründeten Alcatel-/Finmeccanica-Jointventure Alcatel Alenia Space (Satelliten, Komponenten für die zivile und militärische Raumfahrttechnik) an Thales. Das Unternehmen firmierte nun als Thales-Alenia Space.

2006/2007 erwarb Alcatel den US-Telekomausrüster Lucent Technologies aus Murray Hill/New Jersey. Lucent war 1996 durch die Aufteilung der American Telephone and Telegraph Company (AT&T) in die drei Unternehmen AT&T Corporation (Telefonnetze), NCR Corporation (Computer, Kassensysteme) und Lucent Technologies (Geräteherstellung; inkl. Western Electric und Bell Laboratories) entstanden. Alcatel-Lucent stieg dadurch zu einem weltweit führenden Hersteller von Telekommunikations- und Netzwerkausrüstungen auf.

Die Mobilgerätesparte Alcatel Mobile Phones (Alcatel OneTouch) wurde 2004 in ein Jointventure mit der TCL Corporation (China) eingebracht. 2005 verkaufte Alcatel-Lucent seinen 45-prozentigen Anteil an TCL. Die Marke Alcatel wird nun von TCL in Lizenz verwendet.

2015 wurde Alcatel-Lucent von Nokia übernommen. Das fusionierte Unternehmen firmiert unter dem Namen Nokia Corporation und hat seinen Sitz weiterhin in Finnland. Alstom ist inzwischen nur noch als Schienenfahrzeughersteller aktiv. Alle anderen Bereiche wurden verkauft.

Text: Toralf Czartowski