Markenlexikon

Airbus

Ursprungsland: Frankreich
Ursprungsland: Deutschland
Ursprungsland: Großbritannien
Ursprungsland: Spanien

Infolge des 2. Weltkriegs und der daraus resultierenden Folgen kam die europäische Flugzeugindustrie gegenüber den amerikanischen Herstellern stark ins Hintertreffen. US-Konzerne wie Boeing, Convair, Douglas Aircraft (später McDonnell-Douglas) und Lockheed eroberten in den 1950er und 1960er Jahren mit ihren modernen strahlgetriebenen Großraumjets die westliche Welt, während in den kommunistisch geprägten Staaten sowjetische Hersteller wie Antonov, Ilyuschin, Tupolev und Yakovlev ein Monopol errichteten. Zwar entstanden auch in Westeuropa einige Verkehrsflugzeuge, vor allem in Großbritannien und Frankreich, u.a. die De Havilland Comet, das erste in Serie gebaute strahlgetriebene Verkehrsflugzeug der Welt, die Bristol Britannia, die Sud Aviation Caravelle, die Hawker-Siddeley Trident, die BAC One-Eleven und das französisch-britische Überschallverkehrsflugzeug Concorde. Die Stückzahlen blieben aber eher bescheiden.

Um der Übermacht US-amerikanischer Flugzeughersteller begegnen zu können, beschlossen die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien Mitte der 1960er Jahre, ein eigenes ziviles Verkehrsflugzeug zu entwickeln. 1965 fanden die ersten Gespräche zwischen Ludwig Bölkow, dem früheren Entwicklungsleiter der Messerschmitt AG und Inhaber des 1948 gegründeten Hubschrauberherstellers Bölkow GmbH, und Vertretern von Sud Aviation aus Toulouse statt. Die britische Regierung zog sich jedoch schon kurz darauf wieder aus dem Projekt zurück.

1965 wurde in München die Arbeitsgemeinschaft Airbus durch die Flugzeughersteller Messerschmitt (Augsburg), Bölkow (Ottobrunn), Dornier (Immenstaad/Bodensee), Blohm & Voss/HFB Hamburger Flugzeugbau (Hamburg), SIAT Siebelwerke (Donauwörth) und VFW Vereinigte Flugtechnische Werke (Bremen; Focke-Wulf, Heinkel, Weser Flugzeugbau) gegründet. 1967 entstand daraus die Deutsche Airbus GmbH (München), an der Messerschmitt mit 60 Prozent beteiligt war, Dornier mit 20 Prozent und VFW ebenfalls mit 20 Prozent. Ein Teil der deutschen Hersteller schloss sich 1969 zur Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB) zusammen, 1981 wurde auch VFW von MBB übernommen.

1969 begann die Entwicklung des Mittel- und Langstreckenverkehrsflugzeugs Airbus A300. Als Ausgangsbasis dienten mehrere Designstudien, die seit 1965 von der britisch-französischen HBN Group (Hawker-Siddeley, Breguet, Nord Aviation) in Hatfield/England entwickelt worden waren. In Hatfield wurden u.a. auch die De Havilland Comet und die Hawker-Siddeley Trident gebaut. Ende 1970 entstand in Paris die Dachorganisation Airbus Industrie. Beteiligt waren zunächst der staatliche französische Luft- und Raumfahrtkonzern Aérospatiale (war 1969 aus dem Zusammenschluss von Sud Aviation, Nord Aviation und SEREB entstanden) und die Deutsche Airbus GmbH (MBB, Dornier, VFW) sowie Hawker-Siddeley Aviation aus Großbritannien als assoziierter Partner und ab 1971 das spanische Staatsunternehmen Construcciones Aeronáuticas S.A. (CASA) aus Getafe bei Madrid, das in ihrem Hauptwerk in Tablada/Seville militärische Transport- und Schulflugzeuge fertigte. Das erste Airbus-Montagewerk befand sich am Flughafen Toulouse-Blagnac, wo Sud Aviation auch die Caravelle und die Concorde baute. Die Tragwerke entstanden in den Hawker-Siddeley-Werken Broughton/Hawarden (Wales) und Hatfield (England) – beides ehemalige De-Havilland-Werke.

Das Airbus-Projekt wurde sehr zum Ärger der US-Flugzeugindustrie von den beteiligten Staaten mit enormen finanziellen Mitteln gefördert, lediglich Hawker-Siddeley musste zunächst ohne staatliche Unterstützung auskommen. Der A300, das erste zweistrahlige Großraumflugzeug der Welt (maximal 345 Passagiere), absolvierte seinen Jungfernflug am 28. Oktober 1972. Der Linieneinsatz erfolgte seit Mai 1974 zunächst durch Air France. Deutscher Erstbetreiber war 1975 die Charterfluggesellschaft Germanair, die Lufthansa folgte 1976. Der A300 verkaufte sich anfangs nicht besonders gut. Erst als die US-Fluggesellschaft Eastern Air Lines 1978 insgesamt 32 Exemplare bestellte, ging es mit Airbus aufwärts. Bald kamen weitere Fluggesellschaften aus den USA dazu, u.a. American Airlines, Continental Airlines und Pan Am. Damit wurde Airbus zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die etablierten Hersteller Boeing, McDonnell-Douglas und Lockheed.

1979 beteiligte sich der zwei Jahre zuvor aus dem Zusammenschluss von Hawker-Siddeley, British Aircraft Corporation (BAC) und Scottish Aviation entstandene Staatskonzern British Aerospace (ab 2000 BAE Systems) mit 20 Prozent an Airbus Industrie. Dadurch konnte nun neben den Hawker-Siddeley-Werken Broughton/Hawarden (Wales) und Hatfield (England) auch das traditionsreiche Bristol-Aeroplane-Flugzeugwerk von British Aircraft in Filton bei Bristol genutzt werden. Filton war neben Toulouse das zweite Montagewerk für die Concorde.

1978 begann Airbus mit der Entwicklung des zweistrahligen Mittelstrecken-Verkehrsflugzeugs Airbus A310 (1982 – 1998; 255 Exemplare), eine kürzere, leicht modernisierte Variante des A300 (1972 – 2007; 561 Exemplare) mit einer etwas größeren Reichweite. 1984 folgte das zweistrahlige Kurzstreckenverkehrsflugzeug Airbus A320 (Erstflug 1987; 10.938 Exemplare bis Februar 2023), das erste in Serie gebaute Zivilflugzeug mit Fly-by-wire-Steuerung. 1987 begannen parallel die Arbeiten an dem zweistrahligen Mittelstrecken-Großraumverkehrsflugzeug Airbus A330 (Erstflug 1992; 1560 Exemplare bis Januar 2023) und der vierstrahligen Airbus A340 (1991 – 2011; 380 Exemplare), die für Superlangstrecken konzipiert war. 1994 absolvierte das Transportflugzeug Airbus A300B4-600ST, das hauptsächlich Flugzeugsektionen zwischen den europäischen Airbus-Standorten transportiert, seinen Erstflug.

In den 1990er Jahren wurden aus dem A320 weitere Varianten entwickelt: Airbus A321 (Erstflug 1993; verlängerte Version), Airbus A319 (Erstflug 1995; verkürzte Version), Airbus A319 Corporate Jet (Erstflug 1997) und Airbus A318 (Erstflug 2002; noch weiter verkürzte Version). Der A321 war das erste Airbus-Flugzeug, das außerhalb Frankreichs endmontiert wurde (Hamburg-Finkenwerder). Später übernahm das Hamburger Werk, wo ursprünglich die Hamburger Flugzeugbau GmbH (HFB) ihren Sitz hatte, die Endmontage der gesamten A320-Familie (318, 319, 320, 321).

Airbus
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Ab Mitte der 1980er Jahre versuchte der damalige Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzende Edzard Reuter den Automobilkonzern zum universellen Großkonzern umzubauen, der alles herstellt, was sich bewegt (Autos, Lastwagen, Busse, Bahnen, Flugzeuge, Raumschiffe). 1985 erwarb die Daimler-Benz AG zunächst Dornier (inkl. der Airbus-Beteiligung) und den Elektrokonzern AEG-Telefunken und dann 1989 Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB). Aus dem Zusammenschluss der Dornier-Bereiche Raumfahrt und Verteidigung in Friedrichshafen, MBB in Ottobrunn, Augsburg, München und Manching, MTU München und Telefunken Systemtechnik Ulm entstand 1989 die Deutsche Aerospace AG (DASA). Ab 1995 firmierte das Unternehmen als Daimler-Benz Aerospace AG und nachdem sich Daimler-Benz und Chrysler 1998 zusammengeschlossen hatten, wurde der Firmenname in DaimlerChrysler Aerospace AG geändert. Die DASA war wie zuvor schon MBB an den Projekten Airbus, Eurocopter (gegründet 1992), Eurofighter (gegründet 1986) und Panavia Tornado (gegründet 1969) beteiligt. Damit befand sich die gesamte deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie in der Hand eines Unternehmens.

Im Mai 2000 riefen Aérospatiale-Matra (war 1998 aus dem Zusammenschluss von Aérospatiale und dem Rüstungskonzern Matra Hautes Technologies entstanden), BAE Systems (Matra Marconi Space) und DaimlerChrysler Aerospace (Dornier Satellitensystem) das Jointventure Astrium ins Leben, in dem der gesamte Raumfahrtbereich der beteiligten Unternehmen gebündelt wurde. Zwei Monate später schlossen sich die Aérospatiale Matra S.A. und die DaimlerChrysler Aerospace AG, die kurz zuvor auch die CASA S.A. übernommen hatte, zum europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern European Aeronautic, Defence and Space Corporation EADS N.V. zusammen. Hauptanteilseigner waren die damalige DaimlerChrysler AG (30 Prozent), der frühere Aérospatiale-Matra-Eigner Lagardère (15 Prozent), der französische Staat (15 Prozent) und die staatliche spanische Industrieholding SEPI Sociedad Estatal de Participaciones Industriales (5,5 Prozent). Der EADS-Konzern hatte seinen Hauptsitz aus rechtlichen Gründen in Schiphol-Rijk (Niederlande; ab 2008 Leiden), die eigentlichen Verwaltungen befanden sich jedoch in Toulouse-Blagnac, Paris, Ottobrunn und Madrid.

2001 wurde die EADS-Tochter Airbus Industrie in eine eigenständige Gesellschaft französischen Rechts umgewandelt: Airbus S.A.S. Anteilseigner waren zunächst EADS (80 Prozent) und der British-Aerospace-Nachfolger BAE Systems. 2006 verkaufte BAE Systems seinen zwanzigprozentigen Airbus-Anteil an EADS. BAE Systems ist jedoch weiterhin an der Produktion der Airbus-Modelle beteiligt (Tragflächen). Im April 2005 absolvierte das zweistöckige Großraumflugzeug Airbus A380 (2005 – 2021; 251 Exemplare) mit bis zu 853 Sitzplätzen seinen Jungfernflug. Im Oktober 2007 ging der erste A380-800 bei Singapore Airlines in den Liniendienst. 2006 begann Airbus mit der Entwicklung des zweistrahligen Großraumflugzeug-Langstreckenflugzeugs Airbus A350 (Erstflug Juni 2013, 522 Exemplare bis Januar 2023). Auf Basis der A330-200 entstand zur selben Zeit das Tankflugzeug Airbus A330-200 FSTA (Future Strategic Tanker Aircraft; Erstflug 2007). 2018 absolvierte das Transporflugzeug Airbus Beluga XL, der Nachfolger der A300B4-600ST Beluga seinen Jungfernflug. Die Produktion der Modelle A300 und A310 wurde im Juli 2007 nach 878 Maschinen beendet. 2011 stellte Airbus die Produktion der vierstrahligen A340 nach 380 Exemplaren ein.

Im August 2013 lieferte die 2009 gegründete Tochtergesellschaft Airbus Military (Cadiz, Getafe-Madrid, San Pablo-Sevilla, Tablada/Seville) das erste Exemplar des Turboprop-Transportflugzeugs Airbus A400M Atlas (Erstflug 2009) an die französische Luftwaffe aus. Die Bundeswehr bekam ihre erste A400M im Dezember 2014. Die A400M löst das hoffnungslos veraltete Transportflugzeug Transall, das in den 1950er Jahren von mehreren Airbus-Vorgängerfirmen (HFB, Nord Aviation, VFW) entwickelt worden war, ab. Anfang 2016 wurden die ersten Exemplare der mit neuen sparsameren Triebwerken ausgestatteten A320-Familie (A320neo) ausgeliefert.

2012/2013 verkauften Daimler und Lagardère ihre letzten EADS-Anteile. Ein geplanter Zusammenschluss von EADS und BAE Systems kam 2012 nicht zustande, da sich die beteiligten Staaten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. Anfang 2014 benannte sich der EADS-Konzern nach seiner bekanntesten Marke in Airbus Group N.V. (Leiden/Niederlande) um. Die Gruppe bestand nun aus den Bereichen Airbus S.A.S. Toulouse (Verkehrsflugzeuge), Airbus Defence and Space München (A400M, A330 MRTT, Eurofighter, Ariane Trägerraketen, Satelliten, Antriebssysteme, Raumfahrtausrüstungen, Verteidigungssysteme, Avionik, Radare) und Airbus Helicopters Marignane (Ex-Eurocopter; zivile und militärische Hubschrauber). Airbus ist außerdem an den Unternehmen ArianeGroup (Trägerraketen), ATR (Regionalverkehrsflugzeuge), Dassault Aviation (Rafale- und Mirage-Kampfflugzeuge), MBDA (Lenkflugkörper), NH Industries (Militärhubschrauber) und C Series Aircraft (Verkehrsflugzeuge) beteiligt. Die Tochtergesellschaft Socata (Geschäftsflugzeuge) wurde 2008 verkauft.

2015 wurde die Airbus Group N.V. in die Airbus Group SE umgewandelt. 2017 erfolgte die Zusammenlegung der Airbus Group SE mit der Airbus S.A.S. zur Airbus SE. Die Konzernzentrale befindet sich nun am größten Produktionsstandort Toulouse (zuvor aus politischen Gründen in Paris und München), der juristische Holdingsitz weiterhin in Leiden (Niederlande). Die größten Airbus-Anteilseigner (rund 26 Prozent) sind die Staatsunternehmen Sogepa (Frankreich), GZBV Gesellschaft zur Beteiligungsverwaltung (Deutschland) und SEPI (Spanien). Der Rest der Aktien befinden im Besitz von institutionellen Anlegern und Kleinaktionären (Stand 2023).

Die von Bombardier Aerospace entwickelten zweistrahligen Mittelstreckenflugzeuge CS100 (Erstflug 2013) und CS300 (Erstflug 2015) werden seit 2018 als Airbus A220-100 (CS100) und Airbus A220-300 (CS300) vermarktet. Zuvor hatte sich Airbus mit 50,01 Prozent an der C Series Aircraft Limited Partnership (Bombardier Aerospace, Investissement Québec) beteiligt.

Die wichtigsten Airbus-Standorte befinden sich in Frankreich (Bourges, Châtillon, La Courneuve, Le Bourget, Le Plessis-Robinson, Marignane, Méaulte, Nantes, Paris, Saint Nazaire, Sèvres, Suresnes, Toulouse-Blagnac), Deutschland (Bremen, Buxtehude, Donauwörth, Dresden, Friedrichshafen/Immenstaad am Bodensee, Hamburg-Finkenwerder, Kassel, Manching, Ottobrunn, Stade, Unterschleißheim, Varel), Großbritannien (Broughton/Wales, Farnborough/England, Filton/Bristol/England), Spanien (Barcelona, Barajas, Getafe, Illescas, Madrid, Puntales, Puerto Real, San Pablo, Tablada), China (Tianjin) und den USA (Columbus/Mississippi, Mobile/Alabama).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain